Eine Pracht, dabei gibt es noch prächtigere Saisonen auf Thassos als gerade das Frühjahr 2004: Nach einem ungewöhnlich schweren Winter mit Temperaturen von bis zu 16 Grad minus müssen sich die Palmen und andere vegetabile Südländer erst wieder erholen. So ist das eben, die nördliche Lage macht's - von Thassos blickt man außer aufs Festland auch auf Samothraki und Athos - aber auch möglich, dass aus den Thassischen Wasserhähnen bestes Trinkwasser rinnt. Die Salzstorys, die man so von anderen griechischen Eilanden hört, wird man hier vergeblich suchen. Die Süßwasserdusche nach dem Bade ist garantiert.
Wobei wir bei der Frage wären, was man auf so einer im Wasser gelegenen Aufschüttung überhaupt tut (genau diese Frage war es, die bisher meine Annäherung an griechische Inseln verhindert hat). Also, auf Thassos geht man natürlich wohl auch erst einmal baden, wenn auch nicht zu früh im Jahre. Die diversen Strände bitte ich woanders nachzuschlagen, mir ist nur in Erinnerung geblieben, dass der Parádissos der schönste mit dem feinsten Sand und den meisten Nackerten sein soll, genauer gesagt, dort gibt es eine FKK-Sektion (womit ich mit Thassos bei Freund X. und Freundin Y. ungeheuer gepunktet habe, das haben sie auf ihrer Insel nicht). Aber Thassos ist das Gegenteil von jenen Inseln, wo sich aufgrund von landschaftlicher und sonstiger Fadesse alles an den Stränden konzentriert. Man kann dort schön spazieren gehen bis zu ambitioniert wandern und vom Ipsarion immerhin aus 1204 Metern Höhe aufs Meer schauen. Auch die kulturelle Schiene kann man bewusst fahren oder auch nur mitnehmen - etwa die Antiken in Thassos Stadt besichtigen oder die Überreste der frühchristlichen Kirchen in Alikí, ein verzauberter Ort, von dem man auf einen vor Jahrhunderten aufgelassenen Marmorsteinbruch sehen kann. Der Thassische Marmor ist weiß und glänzend wie Schnee, als Motiv verfolgt er einen während des ganzen Inselaufenthalts. Auch ins berühmte Erzengelkloster bei Potós wird man pilgern und (angetan mit einem ausgeliehenen Röckchen, denn Weibspersonen in Hosen hat der liebe Gott der Orthodoxie nicht gern) die pittoreske Aussicht genießen.
Die im Landesinneren liegenden Orte - das karge Theológos oder das grüne Kazavíti mit seinem Hauptplatz wie ein Wohnzimmer unter den Bäumen - können nicht anders als entzückend genannt werden, abgesehen davon, dass man sich dort bei Ziegenbraten von den kulinarischen Oktopusattacken der Küste erholen kann, wenn man das denn will. Vom griechischen Inselessen habe ich mein Lebtag nicht viel Herausragendes gehört von meinen versierten Freunden, die Überraschung war angenehmer Natur, nichts besonders Raffiniertes, aber alles von guter Qualität. Und nach ein paar Tagen gewöhnt man sich auch an das Griechische-Schlager-Gedudel, ohne das es offensichtlich nicht geht.