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Für Wolfgang Schüssel ist das Wort "Landesverräter" für EU-Kommissar Franz Fischler "unannehmbar"

Foto: Reuters/Bader
Das Wort Landesverrat für EU-Kommissar Fischler sei völlig unannehmbar, richtete Kanzler Schüssel dem Kärntner Landeshauptmann Haider aus. Der "bedauerte" und brachte noch eine Retourkutsche an Präsident Klestil an.

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Wien - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat am Donnerstag erstmals offiziell zu den Angriffen des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider auf den EU-Agrarkommissar Franz Fischler Stellung genommen. Das Wort vom "Landesverrat" finde er völlig unannehmbar, sagte Schüssel bei einem "Europa-Brunch" der ÖVP in Wien. Er habe mit Haider darüber auch selbst gesprochen und seine Meinung dabei sehr klar zum Ausdruck gebracht. Schüssel nimmt nun an und erwartet auch, dass der Landeshauptmann von sich aus ein Wort dazu sagt: "Wir sollen Vorbilder sein und müssen Vorbilder sein in unserer Wortwahl."

Bezüglich des Abschneidens der ÖVP hofft Schüssel, dass man wieder sieben Mandate im EU-Parlament erreichen kann. Da diesmal aber nur 18 statt 21 Sitze für Österreich zur Verfügung stünden, wäre ein Halten des derzeitigen Stands für den Kanzler ein gewaltiger Erfolg. Die ÖVP habe sich im Wahlkampf nicht vom Niveau anderer Parteien anstecken lassen und sei nie unter die Gürtellinie geraten: "Da gibt's keinen Ausrutscher. Da gibt's nichts, wofür man sich genieren müsste."

"Um Tage zu spät"

Gerade das glaubt der Spitzenkandidat der SPÖ, Hannes Swoboda, nicht. Nun sei genau das passiert, womit zu rechnen war, betonte Swoboda: Wenn man mit der Wortwahl Haiders sympathisiere, ereile sie einen selbst. Dass sich Schüssel "mit Tagen der Verspätung, aber doch" für eine Entschuldigung Haiders bei Fischler, nicht aber bei der SPÖ ausspreche, zeige, dass die ÖVP keinen fairen Wahlkampf führe.

"Reichlich spät"

Das werfen Schüssel auch die Grünen vor. Die Kritik des Bundeskanzlers an Haiders "Landesverrat" komme reichlich spät und sei reichlich unausgewogen, findet die stellvertretende Parteichefin Eva Glawischnig: "Die jetzige Reaktion des Schweigekanzlers ist auch deshalb wenig glaubwürdig, weil er der Schlammschlacht zwischen seiner ÖVP und seinem Koalitionspartner einerseits und der SPÖ andererseits wochenlang zugeschaut hat." Ähnlich argumentierte SP-Geschäftsführerin Doris Bures, für die sich angesichts der weichen Aussagen Schüssels die Frage stellt, ob dieser nicht mit dem "De-facto-Parteichef der FPÖ" weitere Attacken gegen Swoboda abgesprochen habe.

Haider selbst reagierte in einer Aussendung, die sich jedoch nicht auf Schüssels Aufforderung, sondern auf den Appell zur Mäßigung von Bundespräsident Thomas Klestil bezog. Dieser sei wohl auch an die höchsten Würdenträger im Staat gerichtet, da nicht nur mit Worten, sondern auch durch das Mienenspiel bei der Angelobung einer demokratisch legitimierten Regierung europaweit Schaden angerichtet werden könne, wollte sich Haider einen Seitenhieb auf den Appellierenden nicht verkneifen.

Er, Haider, habe in den letzten Tagen manchmal scharfe Worte verwendet, die aber ausschließlich als politische Kritik und nicht als Verunglimpfung von Mitbewerbern gedacht gewesen seien. Sollte sich jemand persönlich beleidigt fühlen, stehe er nicht an, "dies zu bedauern", weil natürlich niemandem Staatsbürgerschaft oder Wahlrecht streitig gemacht werden sollten. (kob, DER STANDARD, Printausgabe 11.6.2004)