Augfregung um den bisher unscheinbaren Platz

Grafik: Standard
Ein kleiner, bis dato unscheinbarer Platz wurde zum Aufreger im Stuwerviertel. Monatelang hat die Neugestaltung des Ilgplatzes die Bezirkspolitik, lokale und selbst ernannte Größen der Stadtgestaltung beschäftigt.
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Wien - Am Ilgplatz sitzt man wie auf dem Boden eines Zylinders. Das hat etwas Heimeliges. Richtig beschützt fühlt man sich von den hohen Wänden der Gründerzeithäuser rundherum. Lehnt man sich auf einer der Parkbänke sitzend ein bisschen vor, schaut man ins Grün, dass den Parkkreis umrandet.

Vor ein paar Wochen wurde der Ilgplatz seiner Bestimmung, also für die Bewohner da zu sein, übergeben. Doch auch ein Park kann es nicht allen recht machen, selbst wenn er noch so schön gestaltet ist.

Frisch erwachte Leben

Da gibt es Anrainer, die das frisch erwachte Leben am Ilgplatz nicht gutheißen. Da gibt es Parteien, deren Vertreter allesamt Experten der Architektur und Stadtgestaltung sind, und in ihren Zeitungen gegen "zu viel Beton" anschreiben. Da gibt es im Planungswettbewerb Unterlegene und es gibt die Kronen Zeitung. Die hat nämlich den Platz "zum hässlichsten von Wien" gekürt.

Pläne für den Platz

Von denen, die mit Flugblättern oder Aushängen gegen die Gestaltung des Platzes gewettert haben, will niemand bei dem Blatt interveniert haben. Jene, die den Platz gestaltet hat, wurde von der Krone nie befragt: Architektin Karin Zeitlhuber. Sie wurde nur aufgefordert, Fotos zu schicken, um am nächsten Tag die Watschen aus der Zeitung zu kassieren. Zeitlhuber tröstet sich damit, dass die Pläne für ihren Platz bei einer Ausstellung über moderne Wiener Architektur in Bukarest prominent ausgestellt wurden und derzeit in der "Wiener Planungwerkstatt" zu besichtigen sind.

Runde Fläche mit ausgelaugtem Rasen

Zum letzten Mal war der Platz in den 60er-Jahren "gestaltet" worden, sagt Zeitlhuber und zieht Fotos hervor. Eine runde Fläche mit ausgelaugtem Rasen ist darauf zu sehen, parkende Autos, alte Bäume. Hoch über dem Platz spannen sich Lichtkabel, darunter sieht man Menschen auf abgenutzten Bänken.

Viel hat man versucht, damit das Bürgerherz mit dem "neuen" Ilgplatz zufrieden sein kann. Die Gebietsbetreuung hat im März 2001 ein Beteiligungsverfahren durchgeführt. Es gab auch eine Befragung über die vorliegenden Planungsentwürfe, wobei auf Zeitlhubers Vorschlag die meisten Nennungen entfielen. Schüler wünschten sich ein Wasserbecken am Platz - man kann heute die Hände darin eintauchen. Ein anderer wünschte sich Blumen - sie blühen in "Blumenhügeln", die von Pflastersteinen umrahmt sind. Ein "Spielgerät" musste her - die Kleinen turnen bereits darauf.

Viel los am Abend

Das Bürgerverfahren habe ihm ein paar graue Haare eingebracht, lächelt der Herr in der Gebietsbetreuung. Die Nörgler, ja die kenne er. Aber was soll's: "Der Platz wurde schon in Besitz genommen von den Leuten, schauen Sie mal, was da am Abend los ist."

Am Abend sei tatsächlich viel los, klagt eine ältere Dame. Die Migrantin ist unglücklich, weil dann Fußball gespielt wird. "Große Katastrophe", meint sie, "Frau Brille kaputt." An diesem Montagvormittag sitzt noch ein alter Herr auf einem der neuen Parksessel. Er zündet sich eine Zigarette an und schaut zufrieden. Ob ihm der Platz, um den in den vergangenen Monaten so viel gestritten wurde, gefällt? "Auf alle Fälle." (Andrea Waldbrunner, DER STANDARD Printausgabe 11.6.2004)