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Beten, kochen, nähen und vor allem Unterwürfigkeit - Indische Ehefrauen werden auch im 21. Jahrhundert im Sinne der traditionellen Werte ausgebildet.
Foto: APA/dpa/Wolfgang Kumm
Bhopal - Sie beten täglich, sind genügsam und können gut kochen und nähen: Die jungen Frauen, die nach einem dreimonatigen Kurs die Manju Traditional School in Bhopal im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh verlassen, entsprechen dem Klischee, das sich viele Inder immer noch von ihrer zukünftigen Gattin machen.

Institut bietet Gratiskurse an

Seit 18 Jahren bietet das von indischstämmigen Geschäftsleuten aus aller Welt geförderte Institut kostenlos Kurse für angehende Ehefrauen an - und kann sich über mangelnden Zuspruch nicht beklagen. Über 4.000 Frauen zwischen 18 und 21 Jahren seien in dieser Zeit auf die Zweisamkeit vorbereitet worden. "Oft werden sie von der Familie ihres zukünftigen Gatten hierher geschickt", erzählt der Direktor der Schule, Bhau Ayildas Hemani. Traditionellerweise ziehe das frisch vermählte Paar nämlich zu den Eltern des Mannes. Und die wollen offenbar sichergehen, dass sich die Frauen den neuen Verhältnissen unterordnen.

Hingabe, Bescheidenheit, Unterwürfigkeit

"Wir empfehlen ihnen, immer höflich zu ihren Schwiegereltern zu sein und Kleinigkeiten nicht zu ernst zu nehmen, so dass sie sich in den neuen Haushalt eingliedern können", umschreibt Direktor Hemani das Unterrichtsziel. Der Ehe-Experte ihnen betont, dass der familiäre Zusammenhalt nur dann gewährleistet sei, wenn sie die aus der hinduistischen Religion erwachsenen traditionellen Werte respektierten.

Sexualaufklärung wird ausgespart

Einige der Frauen allerdings geben sich mit diesen Informationen nicht zufrieden: "Hier erzählt man uns, dass wir unseren Männern immer Freude machen und viele Kinder bekommen sollen. Soweit ich weiß, hat das auch etwas mit Sex zu tun", sagt etwa die 22-jährige Bharti Devlani. Und fügt hinzu: "Von Aids haben wir hier nichts gehört."

Frauenrechtlerin: "Frauen wie Sklavinnen"

Ein Umstand, der die Frauenrechtlerin Ritu Tuli auf die Barrikaden treibt. Der Vertreterin der indischen Frauenkonferenz ist die Schule in Bhopal ein Dorn im Auge. Aids hat sich in den vergangenen Jahren auf dem Subkontinent rasant ausgebreitet. In absoluten Zahlen liegt Indien mit 4,58 Millionen Infizierten hinter Südafrika auf Platz zwei. "Wir leben im 21. Jahrhundert", sagt Tuli erbost. Anstatt sexuelle Aufklärung zu betreiben, vermittle die Schule Werte wie Geduld und Gehorsam. Das sei fahrlässig und nichts anderes als Gehirnwäsche. Die Frauen würden wie Sklavinnen behandelt.

Frauen aus Geldgier getötet

Obwohl ein entsprechendes Verbot in den achtziger Jahren gesetzlich verabschiedet wurde, ist es in vielen Gegenden des Landes beispielsweise immer noch üblich, dass die Frauen eine angemessene Mitgift in die Ehe einbringen. Nach offiziellen Angaben wurden allein im vergangenen Jahr 7.000 Frauen von ihren Schwiegereltern getötet, weil ihnen die Aussteuer als zu gering erschien. Meist wurden die Todesfälle als Haushaltsunfälle getarnt. ExpertInnen wie der Anwalt S.A. Lalitha aus Neu Delhi vermuten, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt: "Viele Frauen werden im wahrsten Sinne des Wortes ihren gierigen Schwiegereltern und den Ansprüchen ihrer Männer geopfert."

Schulleiter Hemani sieht indes keinen Anlass, seinen Lehrplan zu ändern: "Ich würde von meinen Schülerinnen niemals verlangen, Misshandlungen auszuhalten und ihr Leben zu riskieren, wenn die Situation unhaltbar ist. Aber meine Aufgabe ist es, ihnen die traditionellen indischen Werte wieder und wieder zu vermitteln." (APA)