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Verräter-Verteidigung

Die SPÖ wollte eigentlich mit einer Kampagne in den EU-Wahlkampf gehen, die sich an den wesentlichen Themen ihrer letzten Landtagswahlkämpfe und ihrer Oppositionsrolle orientierte: also Kritik an der Regierung, besonders an der Sozial-und Wirtschaftspolitik. Das zentrale Motto "Österreich muss wieder gehört werden" sollte auf den Reputationsverlust hinweisen, den das Land nach Ansicht der SP-Strategen seit Beginn der schwarz-blauen Regierung in der EU erlitten habe.

Foto: AP/Ronald Zak

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Haiders Attacke motivierte müde SPÖ

Dazu kam, als ein deutlich populistisches Thema, der Schutz der heimischen Wasserreserven, mit dem die SPÖ zu punkten versuchte - was ihr den Vorwurf einbrachte, auf allzu billige Art punkten zu wollen. Die ganze Strategie kam ins Schwanken, als Hans-Peter Martin die Spesendebatte anzog, und wurde mit Jörg Haiders Attacke auf den "Vaterlandsverräter" Hannes Swoboda vollends über den Haufen geworfen. Zum einen sah sich die SPÖ gezwungen, Swoboda aus der Schusslinie zu nehmen, zum anderen bot ihr gerade der Angriff Haiders ein starkes Argument zur Mobilisierung der eigenen Funktionäre. Die hatten nach den Landtagswahlen deutliche Ermüdungserscheinungen gezeigt.

Foto: AP/Hans Punz

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Kein Kommentar

Ob Josef Broukals Ausfall gegen die Regierungsparteien und der Pogrom-Vergleich von Parteichef Alfred Gusenbauer eher geholfen oder geschadet haben, wollte so kurz vor der Wahl allerdings keiner der SP-Funktionäre beurteilen. (kob)

Foto: AP/Hans Punz

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ÖVP - Unter Druck geraten

Die Wahlkampfstrategie der ÖVP, die "Österreich stark vertreten" plakatierte, wurde ebenfalls von Jörg Haiders Attacken auf Hannes Swoboda und später auch auf EU-Kommissar Franz Fischler durchkreuzt. Nur zögerlich fanden die Spitzenvertreter der Volkspartei zu einer gemeinsamen Wortwahl, mit der sie letztlich den Vorwurf "Vaterlandsverräter" ebenso zurückwiesen wie die Forderung nach einem Entzug der Wahlberechtigung oder der Staatsbürgerschaft.
(im Bild ein halber EU-Koordinator Erhard Busek, Brigitte Ederer als Vorstandsmitglied Siemens, Fischler, Stenzl und Schüssel im Siemens Forum)

Foto: APA/Günter R. Artinger

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Die Themen gaben andere vor

Ein Untersuchungsausschuss wurde schließlich auch abgelehnt. Durch die Vorgaben des kleinen Koalitionspartners war die ÖVP aber vielfach zum Reagieren gezwungen, anstatt selbst Akzente setzen zu können.

Spitzenkandidatin Ursula Stenzel war zwar sehr bemüht, Sachthemen anzusprechen, ging aber im innenpolitischen Streit mit der SPÖ unter. Aufwind hatte sich die ÖVP in diesem knappen Rennen um den ersten Platz durch Fehler auf der anderen Seite erhofft. Anlass für einhellige Empörung boten Josef Broukal mit seinem Vorwurf, man würde dem Nationalsozialismus nachtrauern, und SP-Chef Alfred Gusenbauer mit der Aussage über die "absolute Pogromstimmung" im Parlament.

Foto: APA/Andi Bruckner

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Es hagelte Vorwürfe

In der TV-Konfrontation hatte Stenzel die drei anderen Kandidaten gegen sich: Es hagelte Vorwürfe wegen der angeblich atomfreundlichen Politik der ÖVP und der Privatisierung "unseres Wassers". Das von der ÖVP forcierte Thema Sicherheit blieb auf der Strecke. (völ)

Foto: AP Photo/Hans Punz

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Blau gegen Blau

Die FPÖ ist im Wahlkampf vor allem gegen die FPÖ angetreten. Spitzenkandidat Hans Kronberger, dem VP-Kandidatin Ursula Stenzel attestierte, "mehr links als rechts" zu sein, bekam mit dem rechten "Umvolker" Andreas Mölzer parteiinterne Konkurrenz.

Foto: AP Photo/Ronald Zak

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Parteiintern uneins

Er wolle die "Kernwählerschaft" mobilisieren, betonte Mölzer, der sich "selbstverständlich" für den besseren FP-Spitzenkandidaten hält. Und tatsächlich könnte er mit seinem Vorzugsstimmenwahlkampf bei der Stammklientel punkten.

Ob die freiheitliche Performance beim Rest der potenziellen Wähler ankommt, ist allerdings mehr als fraglich. Denn die unterschiedlichen Standpunkte, die Kronberger und Mölzer in der Vorwahlphase ganz bewusst herausgestrichen haben, bedeuten im Umkehrschluss: Wählt man den einen, bekommt man den anderen jedenfalls mit dazu. Franz Grossmann, der Ex-SPÖler auf Listenplatz zwei, geht in der Auseinandersetzung indes völlig unter.

Foto: AP Photo/Ronald Zak

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Haiders Attacken bestimmten Wahlkampf

Mölzer wird von FP-Volksanwalt Ewald Stadler und Bundesrat John Gudenus unterstützt, Kronberger hat Vizekanzler Hubert Gorbach und Klubchef Herbert Scheibner auf seiner Seite.

Um Themen mussten sich allerdings weder Kronberger noch Mölzer bemühen, die gab der Kärntner Landeshauptmann vor. Jörg Haiders Attacken auf Hannes Swobododa und in der Folge auch auf Franz Fischler bestimmten die entscheidende Phase des Wahlkampfs. (kmo)

Foto: APA/Markus Leodolter

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Keine Chance für grüne Sachthemen

Mit ihren zuletzt schon fast verzweifelten Versuchen, Sachthemen in den Wahlkampf zu bringen, gingen die Grünen in der Auseinandersetzung zwischen Regierungsparteien und SPÖ beinahe unter.

Foto: APA/Hans Klaus Techt

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Bunte Flecken

Dabei schienen die Grünen zu Beginn mit Plakaten, auf denen ihre Mitbewerber und deren mögliche Rollen in der EU karikiert wurden, zumindest einen bunten Fleck in der eher trüben Plakatlandschaft setzen zu können.

Foto: APA/Robert Jäger

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Große Themen

Mit ihren großen Themen Transit, Sicherheit, Verteidigung, Atom- und Umweltpolitik kamen die Grünen im Getöse der Auseinandersetzung der anderen Parteien aber nicht mehr durch. (kob)

Foto: APA/Hans Klaus Techt

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Medienwirbel um den "Aufdecker"

Hans-Peter Martin hatte einen fulminanten Wahlkampfstart. Sein Antreten rückte die Spesenprivilegien der EU-Abgeordneten in den Mittelpunkt, Martin war gern gesehener Gast in Talkshows. Der Boulevard - in Österreich die Kronen Zeitung, in Deutschland Bild - räumte Martin viel Platz ein, aber auch große internationale Zeitung widmeten ihm Geschichten.

Foto: APA/Robert Jäger

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Wahlkampf ohne Plakate

Mit Jörg Haiders Attacken auf SPÖ-Kandidat Hannes Swoboda verschwand Martin (hier bei einem LIF-Hearing mit Kronberger) aus den Schlagzeilen, bis er selbst wegen angeblich unsauberer Abrechnungen in die Kritik geriet. Seinen Wahlkampf führte er über die Medien, dafür ohne Plakate. (völ)

Foto: APA/Roland Schlager

Ambitioniert

Die "Linke Liste" um den Journalisten und Lateinamerika-Experten Leo Gabriel kämpfte vor allem mit der mangelnden medialen Aufmerksamkeit. Unterstützt wird Gabriel auch von der KPÖ, allerdings nicht uneingeschränkt. Im Rahmen der Kandidatur kam es zu heftigen parteiinternen Auseinandersetzungen.

Foto: Standard/Cremer

Auf der linken Seite

Zuspruch kommt jedenfalls von der grünen Seite. Freda Meissner-Blau deklarierte sich als Wählerin der "Linken", und auch der ehemalige Salzburger Landtagsabgeordnete Christian Burtscher, Mitbegründer der Grünen in Österreich, outete sich als Unterstützer der "Linken Liste". (neu, völ, DER STANDARD, Printausgabe 12./13.6.2004)

Foto: Standard/Cremer