"Das Wachstum der österreichischen Wirtschaft wird in den kommenden beiden Jahren den langfristigen Wachstumsdurchschnitt von 2 Prozent übertreffen", sagte OeNB-Direktoriumsmitglied Josef Christl am Dienstag bei der Präsentation der Frühjahrsprognose in Wien.
Höhepunkt im vierten Quartal
Das Quartalswachstum zeige deutlich nach oben, so Christl. Der Höhepunkt werde mit einer Jahresrate von 3 Prozent im vierten Quartal erreicht werden. Danach sollte das Quartalswachstum auf 2,5 Prozent zurückgehen.
Nicht nur das Wirtschaftswachstum, auch die Preise werden unter den höheren Ölpreisen leiden. Die OeNB erhöht für das Jahr 2004 ihre Prognose für die Inflationsrate - gemessen am harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) - um ebenfalls 0,1 Prozentpunkte auf 1,7 Prozent. Für 2005 werden unverändert 1,5 Prozent erwartet, 2006 sollte die Inflation leicht auf 1,6 Prozent anziehen. Damit liege Österreich noch immer einen viertel bis einen halben Prozentpunkt unter dem Euro-Raum, sagte Christl. Ein weiterer Grund für die Beschleunigung der Inflation von 2003 (1,3 Prozent) auf 2004 liegt laut OeNB in der seit Jahresbeginn in Kraft befindlichen Energiesteuer, die für 0,16 Prozentpunkte des Anstieges verantwortlich ist. Die gesamte Energiekomponente mache 0,3 Prozentpunkte aus.
Konsum entwickelt sich verhalten
Keine inflationären Tendenzen erwartet sich die OeNB von den Löhnen und der Nachfrage. Trotz der ersten Etappe der Steuerreform werden sich die real verfügbaren Einkommen der Haushalte und damit der Konsum nur sehr verhalten entwickeln. Die zweite Etappe im Jahr 2005 werde jedoch eine deutliche Entlastung der Haushalte bringen.
Christl rechnet nur mit moderaten Lohnforderungen, da sich der Arbeitsmarkt "in einer nicht einfachen Lage" befinde. Die OeNB geht erst für 2006 mit einem deutlichen Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen aus. Als Grund dafür wird das relativ starke Arbeitskräfteangebot durch den Anstieg der geringfügig Beschäftigten, die Zunahme der ausländischen Arbeitskräfte und eine höhere Erwerbsbeteiligung Älterer durch die Pensionsreform angegeben. Für 2004 wird daher ein leichter Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,5 Prozent (2003: 4,4 Prozent) erwartet. 2005 sollte die Rate bei 4,4 Prozent und 2005 bei 4,1 Prozent liegen.
Exportwachstum erwartet
"Die negativen Aufwertungseffekte beim Euro laufen bis 2006 aus", meinte OeNB-Chefvolkswirt Peter Mooslechner am Dienstag bei der Präsentation der Frühjahrsprognose. Da sich Österreich nicht von der Entwicklung der Weltwirtschaft abkoppeln könne, geht die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) davon aus, dass es im Zuge der erwarteten Erholung der Weltwirtschaft zu einer weiteren Beschleunigung des Exportwachstums kommen wird.
Weiters sollte der Nachholbedarf bei den Investitionen und günstige Finanzierungsbedingungen die Investitionsnachfrage stützen. Die Bruttoanlageninvestitionen sollten heuer um 3,3 Prozent und in den beiden Folgejahren um 4,2 bzw. 4,7 Prozent wachsen.
Leistungsbilanzdefizit ausgeweitet
OeNB-Direktoriumsmitglied Josef Christl erwartet, dass sich das Leistungsbilanzdefizit im laufenden Jahr 2004 auf 1,2 Prozent gegenüber 0,9 Prozent in 2003 und einem Überschuss von 0,2 Prozent in 2002 ausweiten wird. Verantwortlich dafür sei die Handelsbilanz, die auch die Entwicklung in den Jahren 2005 und 2006 mit prognostizierten Defiziten in der Leistungsbilanz von 1,1 bzw. 0,9 Prozent bestimmen werde. Mit diesen Prognosewerten könne die Leistungsbilanz noch immer als nahezu ausgeglichen bezeichnet werden, so Christl.
Hinsichtlich des erwarteten Budgetdefizites liege die OeNB deutlich höher als der Finanzminister in der budgetären Notifikation nach Brüssel im Februar berichtet hat, so Christl. Das Budgetdefizit wird nach OeNB-Einschätzung heuer 1,4 Prozent ausmachen gegenüber 1,1 Prozent, die der Finanzminister gemeldet hat. Im Zuge der zweiten Etappe der Steuerreform erwartet Christl einen Anstieg des Budgetdefizites für 2005 auf 1,9 (Grasser-Meldung nach Brüssel: 1,5) Prozent sowie für 2006 ein Defizit von 1,7 (1,1) Prozent. Mit diesen Werten liege Österreich noch immer deutlich besser als der Durchschnitt im Euro-Raum, so Christl.
Budgetdefizt höher als Grasser veranschlagt
Die Risiken der OeNB-Prognose seien nach oben und unten hin annähernd gleich verteilt, meinte Christl. Ein "positives" Risiko könnte ein höheres internationales Wirtschaftswachstum sein, das dann auch auf Österreich durchschlagen sollte. Zu den "negativen" Risiken zählt Christl neben der unsicheren Ölpreisentwicklung die Entwicklung der Zinsen. Es könnte zu einem sehr rapiden Zins- und Inflationsanstieg in den USA kommen, der die Konjunktur und Investitionstätigkeit negativ beeinflussen könnte.