Wien/Klagenfurt - In der SPÖ beobachtet man mit Schadenfreude, aber wenig Möglichkeit zum eigenen Eingreifen die Probleme der Regierung: Der Justizsprecher der SPÖ, Hannes Jarolim, sagte am Montag, das Kabinett Schüssel zeige einmal mehr Bewegung und zwar "von der Erosion zur Implosion". Für Jarolim stelle sich daher die Frage, "was an dieser Regierung noch als Regieren bezeichnet werden kann".

Dem scheidenden Justizminister Dieter Böhmdorfer streute die SPÖ insoferne Rosen, als sich dieser gegen Ende seiner Amtszeit von der Bewegung, aus der er gekommen ist, emanzipiert, Fehler einbekannt und neue Entwicklungen ermöglicht habe.

Der von SPÖ-Klubobmann Josef Cap angeregte und von Parteichef Alfred Gusenbauer in der Fernseh-"Pressestunde" diskutierte Neuwahlantrag dürfte allerdings mangels parlamentarischer Chancen vom Tisch sein: "Wir werden vorerst keinen Neuwahlantrag stellen", sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos zur APA. Sollte aber die Regierung selber den Weg für Neuwahlen frei machen, dann stünde die SPÖ bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Über Kanzler Wolfgang Schüssel sagte Darabos, dieser stehe nun "zum zweiten Mal vor den Trümmern dieser Regierungszusammensetzung". Es wäre an Schüssel, angesichts dieser Situation "für Stabilität zu sorgen". Stattdessen gebe er das Kürzel aus, dass die ÖVP intakt sei und eben nur der eine Regierungspartner Probleme habe.

Daraufhin hat VP-Klubchef Reinhold Lopatka angemerkt, dass es in der SPÖ einen Zickzackkurs gebe - einen objektiven Grund für Neuwahlen sieht Lopatka ohnehin nicht.

Der kurze, aber heftige Koalitionsstreit in der blau-roten Kärntner Chianti-Koalition ist unterdessen beigelegt. FP-Finanzreferent Karl Pfeifenberger hatte den blauen Vertrauensmann Johannes Gatterer als Direktor des Klagenfurter Flughafens durchgedrückt. Die SPÖ fühlte sich überfahren und bestand auf der Einberufung des koalitionären Koordinationsausschusses. Zumal auch der Vorsitzende des Flughafen-Aufsichtsrates, Hypo Alpe-Adria-Chef Wolfgang Kulterer, nach Bekanntwerden der Besetzung seinen Job hingeschmissen hatte.

Vor der blau-roten Krisensitzung am Klagenfurter Flughafen Montagfrüh stellte SP-Chef Peter Ambrozy noch die Koalitionsrute ins Fenster und geißelte die blaue Personalpolitik. Sollte die FPÖ weiter Personalentscheidungen im Bereich landesnaher Gesellschaften ohne Absprache mit dem Koalitionspartner treffen, könne das die Koalition gefährden, meinte Ambrozy. Ebenso forderte er den Rückzug Gatterers.

Doch so heiß wie gekocht wurde dann doch nicht gegessen. Nach mehrstündiger Sitzung einigte man sich auf die Einschaltung des Rechnungshofes. Er soll nun den Besetzungsmodus überprüfen, zumal Eigentümervertreter Pfeifenberger seinerseits gezielte Ränke Kulterers gegen seinen Kandidaten Gatterer vermutete. Und man einigte sich zudem auf einen zweiten Direktor im technischen Bereich. Getreu dem Koalitionsprogramm, in dem Personalbesetzungen im Reißverschlusssystem festgeschrieben sind. (cs, stein/DER STANDARD, Printausgabe, 22.6.2004)