Wien - Schweigegelübde und strenge Buß- und Gebetsübungen: In gewisser Weise könnten die rigiden Regeln des Trappisten-Ordens tatsächlich als Bild für vieles herhalten, was sich in den letzten Jahren auf dem Feld experimenteller elektronischer Musik getan hat. Hermetische Drone-Strukturen und Störgeräusche, ein gehöriges Maß an modernistischer abstrakter Disziplin waren hier zu orten: Trapist scheint da durchaus ein passender Bandname, die Eigenwilligkeit des einfachen "P" sei den Musikern großzügig zugestanden.

So denkt man. Doch dann ist alles anders: "Für mich, der ich um 2000, zur Zeit der Gründung von Trapist, viel abstrakte Musik gespielt habe, war es unglaublich erfrischend, konkrete Melodien, Harmonien und Grooves zuzulassen, ohne dass man sich der üblichen Klischee bedient hätte", bringt Gitarrist Martin Siewert die Philosophie des weiters aus Radian-Schlagzeuger Martin Brandlmayr und dem in London lebenden kanadischen Bassisten Joe Williamson bestehenden Trios auf den Punkt.

Und Brandlmayr ergänzt: "Ich bin in der Musik immer wieder auf Dogmen und Verbote gestoßen. Manchmal wird ein Puls oder ein Rhythmus als störend wahrgenommen. In meinem Denken ist das aber überhaupt kein Widerspruch - insofern war die Entstehung von Trapist auch ein Befreiungsschlag."

Wer Trapist hört, hat Gewissheit: Diese Band markiert zu Zeiten der abebbenden Elektronikwelle einen ästhetischen Paradigmenwechsel. Überträgt sie doch das Vokabular der Laptop-Musikanten auf weit gehend analoges, "traditionelles" Instrumentarium und "recycelt" es im Dienste einer andeutungshaft Wiederauferstehung feiernden Songform. Gleichsam aus neuer Perspektive, nach überstandenem Hype-Sturm, doch ohne auf dessen veränderliche Kraft zu verzichten, lässt Trapist Bilder, Assoziationen zu: in sparsamen, geschmackvollen Querverweisen auf Postrock, Krautrock, freie improvisierte Musik, Minimalismus und auch darüber hinaus.

Trägt doch nach der großartigen Debüt-CD Highway My Friend - ein Mitschnitt des ersten, frei improvisierten Konzerts im Wiener Rhiz - das zweite, soeben auf dem Chicagoer Label Thrill Jockey publizierte (Studio-)Album den Titel Ballroom - eine Hommage an den Avalon Ballroom in San Francisco, in dem Mitte der 60er Bands wie Greatful Dead ihre Karriere starteten.

Durch bruchstückhafte, psychedelische Gitarrenakkorde, vielfältige Pulsstrukturen und melodiöse Basslinien sieht sich auf dieser wiederum äußerst gelungenen Arbeit die Tendenz in Richtung einer neuen Lust am konkreten musikalischen Material verstärkt - wie auch bei Christian Fennesz auf seinem grandiosen Endless Summer-Album. Siewert: "Fennesz spielt ja heute auch wieder mehr Gitarre. Ich begrüße es, dass hier eine gewisse Egalisierung eintritt und der Computer immer mehr als ein Instrument wie jedes andere gesehen wird. Es ist wichtig, dass man vom Fetisch des Instrumentariums abgeht und sich auf inhaltliche Komponenten konzentriert."

Was dann "Trapist" wirklich mit den Trappisten zu tun hat? Brandlmayr: "Ansatzpunkt war der, dass der Orden in Belgien auch Bier und in Istrien guten Käse produziert. Es geht da eher um einen hedonistischen Aspekt." (DER STANDARD, Printausgabe, 24.6.2004)