foto: fussi
Rudolf Fußi sorgte 2002 für Aufmerksamkeit, als sein Volksbegehren gegen Abfangjäger trotz Sommertermin von über 625.000 ÖsterreicherInnen unterschrieben wurde. Nach seinem erfolglosen Antritts-Versuch bei der vergangen Nationalratswahl mit der Kleinpartei "Die Demokraten" verschwand er zwischenzeitlich von der politischen Bühne. Vor kurzem wurde bekannt, dass er nun in der SPÖ aktiv ist. Auch weil er sich in Alfred Gusenbauer getäuscht habe, erzählt er Rainer Schüller im derStandard.at- Interview .

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derStandard.at: Man hört, Sie sind jetzt bei der SPÖ?

Fußi: Ja, es stimmt. Weil ich davon überzeugt bin, dass es in Europa, verursacht durch die Globalisierung und die Geißel unserer Zeit, den Neoliberalismus, nur mehr zwei große politische Bewegungen geben wird.

Die Erste wird nur mehr die Superreichen, die Konzerne, Banken, Versicherungen und diejenigen, die es sich richten können, vertreten. Als Antwort darauf erleben wir zur Zeit die Vorboten der Renaissance des Sozialismus. Die Zivilgesellschaft erwacht, die Leute beginnen zu hinterfragen, organisieren sich in ATTAC, im Weltsozialforum und fordern zurecht, dass wieder der Mensch und seine Rechte in den Mittelpunkt des politischen Handelns gestellt werden. Ich denke, dass man als Mensch mit Sinn für Solidarität und Gerechtigkeit Sozialdemokrat sein wird müssen.

Natürlich ist in der SPÖ bzw. bei vielen sozialistischen Parteien Europas so manches zu kritisieren und abzulehnen - aber im Großen und Ganzen muss man sich für eine dieser beiden großen Bewegungen entscheiden - und da kann man sich ja nur für die Zweitere entscheiden. Die Grünen oder die Links/Rechtspopulisten werden keine Rolle mehr spielen, wenn sich die Sozialisten auf den Kampf gegen Neoliberalismus und Groß-Kapital einlassen und endlich damit aufhören, wie Schröder in Deutschland, die Grundsätze und Werte der Sozialdemokratie zu verraten.

derStandard.at: Ihr Engagement für die SPÖ überrascht doch ein wenig, da Sie ja in der Vergangenheit für Gusenbauer nicht sehr viel übrig hatten.

Fußi: Ich muss zugeben, ich habe mich noch nie in einem Menschen so getäuscht wie in Alfred Gusenbauer. Er ist das Schulbeispiel, wenn man jemandem zeigen will, dass mediale Darstellung mit der Realität wenig zu tun hat.

Ich hatte, wie viele, die ihn nur aus den Medien kennen, keine gute Meinung über seine Fähigkeiten und sein politisches Wirken. Ich halte ihn wirklich für einen intellektuellen Lenker, einen Mann mit Weitsicht. In der Opposition muss man halt sehr viel Wert auf die richtige Themensetzung und das optimale Personal legen, um gegen die Regierung punkten zu können. Da passieren ab und an Fehler. Ich nehme trotzdem jederzeit Wetten an, dass er der mit Abstand beste Kanzler nach Kreisky sein wird.

derStandard.at: Welche Funktion üben Sie in der SPÖ aus?

Fußi: Ich bin zahlendes Mitglied, das gerade dabei ist die große Parteifamilie kennenzulernen und von dieser kritisch, aber überraschenderweise sehr freundschaftlich beschnuppert wird. Mitglied bin ich ja schon seit längerer Zeit, nur hatte ich keine Zeit und keine Lust Veranstaltungen zu besuchen oder etwas zu tun - ich war einfach satt und frustriert, weil wir die Abfangjäger nicht verhindern konnten.

Motiviert war ich erst wieder, als Frau Ferrero in präsidialer Form über Österreich zu kommen drohte. Da hab ich mich dann im Fischer-Wahlkampf engagiert und zeitgleich habe ich begonnen auch bei mir im Bezirk Veranstaltungen zu besuchen. Ich war und bin wirklich begeistert, wie freundlich und herzlich man mich in der Partei aufgenommen hat, was bei Um- oder Einsteigern mit einer Vorgeschichte nicht selbstverständlich ist.

derStandard.at: Würden Sie sich als "einfaches Parteimitglied" bezeichnen?

Fußi: Wenn der Unaussprechliche sich nicht so bezeichnet hätte, sicher. Mir rutschts auch manchmal raus, aber es klingt ja seit damals wie eine Drohung und wenn es mir ausrutscht, dann meist mit einem süffisanten Lächeln. Andererseits, wäre die Bezeichnung auch deswegen unpassend, weil die Leute, die mich kennen, wissen, dass ich im persönlichen Umgang nicht immer einfach bin.

derStandard.at: Sie haben damals mit Ihrem Volksbegehren mehr Stimmen erreicht als die SPÖ mit ihrem Pensions-Volksbegehren. Was hat die SPÖ falsch gemacht?

Fußi: Vielleicht muss man zum besseren Verständnis kurz die Ausgangssituation sehen: Ich war alleine und hatte rund 30.000 Euro, die SPÖ hatte den Apparat und 1,9 Mio Euro. Aber ich hatte eine Forderung, die man mit Ja oder Nein unterschreiben konnte. Das Pensionsvolksbegehren war zu komplex.

Außerdem: Die Leute haben es halt satt, Parteivolksbegehren zu unterschreiben und ich verstehe Alfred Gusenbauer wirklich sehr gut, dass er damals Bauchweh hatte die oberösterreichischen Freunde zu unterstützen. Eine Partei hat meiner Meinung nach kein Volksbegehren zu machen, das ist widersinnig.

Erich Haider hats erfunden und Gertraud Knoll spielte dann den Kopf fürs Volksbegehren. Die Kampagne selbst war teilweise fad, schwer verständlich, gespickt mit No-Na-Fragen und das mediale Interesse war gering. Gertraud Knoll musste es dann noch als Erfolg verkaufen, da tat sie mir leid.

Letzlich war das Pensions-Volksbegehren trotzdem ein "Erfolg", den die SPÖ dringend gebraucht hat. Denn: Nur 300.000 oder 450.000 Unterschriften hätten die Siegesserie der Sozialdemokratie zunichte machen können, darum hat man auch soviel Geld eingesetzt. Ich denke, die Verantwortlichen haben daraus gelernt und ich hoffe, dass es das letzte Parteibegehren der SPÖ war.

Teil zwei des Interviews: "Im Nachhinein ist man immer klüger" >>>