Krugmans Kolumne ist ein Paradebeispiel für Glanz und Elend jener gesellschaftlich weit verbreiteten Übung, die unter dem Namen Bush-Bashing bekannt geworden ist. Obwohl Krugman angesichts der nachtragenden Haltung der Bushies gewiss auch ein moderates persönliches Risiko eingegangen ist und immer auf sachlich untadeligem Niveau argumentiert - noblesse oblige, er schreibt für eines der renommiertesten Blätter der Welt - , so bewegt sich seine Kolumne doch auch, auf lange Sicht betrachtet, in einer überraschungsfreien Schleifenbewegung dahin, die etwas ausgesprochen Ermüdendes hat: Bush ist ein Lügner ist ein Stümper ist ein Bush ist ein Lügner und so weiter und so fort.
Möglicherweise steht Krugmans Kolumne paradigmatisch für die Bedürfnisse eines Leserpublikums, dem immer mehr danach ist, sich seine eigenen Urteile und Vorurteile bestätigen zu lassen, als die Argumente der Gegenseite wahrzunehmen und sich sachlich mit ihnen auseinander zu setzen. Diese Art eines vernünftigen, "zivilisierten" Mediendialoges wurde in der Entstehungszeit der Nation von den "Federalists" und den "Antifederalists" beispielhaft vorgeführt. In ausladenden Artikelserien, die so gar nicht mehr zu den Apperzeptionsmechanismen des an klein gehäckselte Information gewohnten zeitgenössischen Medienkonsumenten passen, legten beide Parteien die Argumente dar, die ihrer Ansicht nach für (Federalists) oder gegen (Antifederalists) einen Zusammenschluss der amerikanischen Kolonien zu einem einzigen Bundesstaat sprachen. Es ist in der Tat erstaunlich, wie häufig die Verfasser betonen, dass man die redlichen Absichten der Gegenseite selbstverständlich nicht in Abrede stelle, aber eben aus diesem oder jenem Grund in dieser oder jener Angelegenheit anderer Ansicht sei.
Derartiges Zartgefühl scheint heute nicht mehr im Zentrum der öffentlichen Auseinandersetzung in den USA zu stehen. Vielmehr sind wir Zeugen eines Strukturwandels der amerikanischen Öffentlichkeit, der bereits in der Ära Bill Clinton zu einer rekordverdächtigen Polarisierung geführt hatte. Sie entspricht einer über die engere Sphäre der öffentlichen Meinungsbildung hinausgehenden Spaltungstendenz, bei der ein tendenziell in den Küstenstaaten beheimateter liberaler Bevölkerungsteil einem tendenziell eher im Landesinneren beheimateten konservativen Bevölkerungsteil zunehmend verständnislos gegenübersteht. Dass diese Spaltung der Debattenkultur dem Lande gut getan hätte, wird man schwerlich behaupten können.
Auch kann man der Regierung Bush den Vorwurf nicht ersparen, dass sie zur Polarisierung der amerikanischen Medienlandschaft nach Kräften beigetragen hat. Die Gleichsetzung von medialem Wohlverhalten und Patriotismus, die sie nach dem 11. 9. 2001 oft praktizierte, hat viele ihrer auch moderaten Kritiker zunächst zum Verstummen gebracht. Dafür melden sie sich jetzt umso heftiger - "with a vengeance", wie der treffende englische Ausdruck lautet - zu Wort.