Ex-Justizminister Böhmdorfer kritisiert die Zusammenarbeit mit der ÖVP

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Wien - Der nunmehrige Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer prangerte Sonntag Abend in der ORF-Diskussionsrunde "Offen gesagt" Missstände in der Art der Regierungszusammenarbeit an und übte dabei Kritik an der ÖVP unter Kanzler Wolfgang Schüssel. Es habe keine einzige Regierungsklausur gegeben. Wichtige Ergänzungen zu Gesetzen seien in nächtlichen Gesprächen gefallen. In den wöchentlichen Ministerratssitzungen herrsche ein rasantes Tempo.

Woche für Woche

Und Böhmdorfer weiter: das Deckblatt zum Bericht über die Regierungskonferenz zur EU-Verfassung habe man am Montag erhalten. Am Dienstag zehn Minuten vor dem Ministerrat sei dann der eigentliche Bericht übergeben worden. Er habe gerade noch sagen können, dass er da keine pauschale Zustimmung geben könne, so Böhmdorfer. "Und das geht so Woche für Woche."

Böhmdorfers Fazit bei der Diskussion, die sich mit dem Thema eines möglichen Neustarts für die FPÖ befasste: die FPÖ müsse etwas mehr Eigenleben einbringen. Er selbst habe versucht, Profil hereinzubringen. Das Ergebnis: die ÖVP habe ihn als "Bremser" dargestellt. Wenn er aber nachfrage, könne niemand ihm sagen, wo konkret er gebremst habe.

Eine Frage der Identität

Klare Vorstellungen zu dem Thema äußerte der freiheitliche Neo-EU-Abgeordnete Andreas Mölzer. Die FPÖ müsse ihre Identität definieren. Er selbst könne den Neustart über die am Freitag erfolgte Regierungsumbildung "nicht recht erkennen". Das Austauschen von Köpfen sei nicht die Lösung des wahren Problems - "nämlich die Identitätsfrage zu klären".

Keine Freiheitliche?

Und Mölzer polterte: Den wirklich profiliertesten Minister (Böhmdorfer, Anm.), "den hat man gehen lassen". Und wer folge nach? Jemand, der keine wissenschaftlichen Erstveröffentlichungen vorweisen könne, und eine Frau, die keine Freiheitliche sei. In der FPÖ-Basis gebe es da "eine gewisse Ratlosigkeit, die ich nur mittragen kann".

Mölzer betonte aber auch: Der jetzige Neustart trage klar "die Handschrift Klagenfurts", also des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider. Diese Handschrift habe dafür also auch die Verantwortung zu tragen. Und der EU-Mandatar räumte auch unumwunden Haiders starke Rolle ein: "Das brauch' ma ja nicht zu diskutieren, das wiss' ma ja eh alle, dass der Dr. Haider maßgeblichen Einfluss hat".

"Parteiobfrau auf Zeit"

Bei dem Neustart gehe es aber nicht um Personelles, sondern um eine Analyse, wo die Fehler lagen und welche Konzepte man nun angehen müsse, so Mölzer weiter. Staatssekretärin Ursula Haubner sei nun einmal eine "Parteiobfrau auf Zeit". Irgendwann einmal müsse man aber auch an einen Generationenwechsel denken, so Mölzer. Ein möglicher Kandidat für dieses Amt? Hier nannte Mölzer den Wiener FP-Obmann Heinz-Christian Strache.

Und Neo-Staatssekretär Eduard Mainoni räumte in der Diskussion ein, dass Knittelfeld ein Fehler gewesen sei. Für die Zukunft der freiheitlichen Regierungsarbeit zeigte sich Mainoni aber optimistisch. (APA)