Knapp 180 Kilometer von Wien entfernt, an den Rändern des Balaton, liegt einer der größten Warmwasserseen Europas. Rund um den kleinen See, der niemals zufriert und von dem gespenstisch wirkende Dämpfe in die ungarische Eiseskälte aufsteigen, hat sich eine Tourismusindustrie etabliert, die teilweise noch an altkommunistische Zeiten erinnert, teilweise aber auch internationalen Standard hat.

Einer der ersten, der das Potential des Sees erkannt hatte, war der Kärntner Robert Rogner. Vor ein paar Jahren stellte er ein piekfeines Vier-Sterne-Haus in den Wald rund um den verschlafenen Kurort und hat seither preisbewußte Kunden aus Österreich, Ungarn und Deutschland bei sich zu Gast. Das Rogner'sche Hotel bietet den Komfort, den Badetouristen heutzutage suchen:

In- und Outdoorbecken, Whirlpool, Saunalandschaft samt all der Dienstleistungen, die zu so was dazugehören. Auch wird das Wasser aus dem See in ein kleines Becken im Haus geleitet, sodaß man sich der wohltätigen, erfreulichen Wirkungen erfreuen kann, ohne das Hotel überhaupt verlassen zu müssen.

Doch wäre es schade, dies nicht zu tun. Zumindest einen Besuch in dem altehrwürdigen Kurbad, das auf einer künstlichen Insel inmitten des Sees liegt, sollte man sich nicht entgehen lassen. Denn dies ist ein ganz bezauberndes, bizarres Erlebnis. Das hölzerne Badehaus nimmt Anleihen an den Moskauer Zuckerbäckerstil der Stalin-Ära und stackst auf Pfählen ins Wasser. Nur die vielen Türmchen ragen aus dem geheimnisvollen, allen Lärm schluckenden Dämpfen, die der See abgibt und die nicht immer der Nase schmeicheln.

Auf Leitern und Treppen klettert man unter das Gebäude ins Wasser und beginnt, in dem schwarzen, leicht schlammigen Wasser zu schwimmen. Wegen der Wärme des Sees blühen hier ganzjährig die Seerosen. Der Schwimmer blickt hinunter, ins Dunkel des Wassers, das vulkanischen Ursprungs ist und tief unten, in tausend Meter Tiefe heiß entspringt. Mit großer Kraft dringt die Quelle empor und ist so mächtig, daß sie das Wasser des Sees täglich komplett austauscht.

© DER STANDARD, 27. / 28. Februar 1999 Automatically processed by COMLAB NewsBench