Nach dem Verschwinden vertraulicher Daten aus dem US-Atomwaffenlabor Los Alamos sind die geheimen Arbeiten dort bis auf weiteres eingestellt worden. Die außergewöhnliche Maßnahme wurde nach offiziellen Angaben am Donnerstag (Ortszeit) getroffen, nachdem Labordirektor Peter Nanos den Vorfall der verantwortlichen Universität von Kalifornien in San Francisco gemeldet hatte. Demnach fehlen bereits seit dem 7. Juli zwei geheime Datenträger, auf denen Informationen über den Teil der Anlage gespeichert sein sollen, in dem Atomwaffen entwickelt und getestet werden. Es ist nicht das erste Mal, dass in Los Alamos vertrauliche Daten verschwinden; dieser Fall scheint jedoch besonders brisant.

Schulung

Labordirektor Nanos erläuterte vor der Universitätsleitung die nach dem Vorfall getroffenen Sicherheitsmaßnahmen. Neben der Einstellung aller als geheim eingestuften Aktivitäten solle ein Register mit geheimen beweglichen Daten vervollständigt werden, sagte Universitätssprecher Chris Harrington. Zudem solle das Personal im Umgang mit solchem Material nachgeschult werden. Es handle sich um einen "sehr ernsten Vorfall", betonte Harrington. Die Geheimarbeiten würden erst wieder aufgenommen, wenn alle Zusatzmaßnahmen ergriffen worden seien. Ein Datum nannte er nicht.

Vorfall berühre nicht die "nationale und nukleare Sicherheit"

Der für das Labor zuständige Sprecher betonte, der Vorfall in Los Alamos berühre nicht die "nationale und nukleare Sicherheit" der USA. Die wichtigsten Labormitarbeiter seien vor Ort und könnten jederzeit eingesetzt werden, wenn dies notwendig werde.

"Inakzeptabel"

Hochschulpräsident Bob Dynes nannte den Fall "inakzeptabel". Er forderte die Mitarbeiter des Labors im US-Bundesstaat New Mexico auf, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Sicherheitsbeamte durchsuchten die Fabrik nach den Datenträgern; die Bewachung der Anlage wurde verstärkt. 20 Mitarbeitern wurde vorläufig der Zugang zum Gelände verweigert.

Bau der ersten Atombombe

Das Atomlaboratorium in Los Alamos wurde im Zweiten Weltkrieg gegründet; 1945 wurde dort die erste Atombombe gebaut. Die Anlage war in der Vergangenheit immer wieder wegen Sicherheitslücken in die Kritik geraten. 1999 wurde ein langjähriger Mitarbeiter, der aus Taiwan stammende US-Atomwissenschaftler Wen Ho Lee, wegen Spionagevorwürfen festgenommen. Er soll geheime Informationen an China weitergegeben haben, was jedoch nicht bewiesen werden konnte.

Vorwürfe

Nanos' Vorgänger John Browne und sein Stellvertreter mussten im Jänner 2003 den Hut nehmen, nachdem Vorwürfe wegen Diebstahls, Betrugs und Sicherheitsmängeln laut geworden waren. Unter anderem ging die Bundespolizei FBI der Anschuldigung nach, dass in dem Labor Ausrüstung im Wert von 2,9 Millionen Dollar (rund 2,3 Millionen Euro) verschwunden war. Darunter sollen 263 Computer gewesen sein, auf denen möglicherweise vertrauliche Daten gespeichert waren. (APA)