Schüssel hielt am Samstag im ORF-Radio erneut dagegen: Die Schwerarbeiter-Regelung und der Pensionskorridor sei ein "vernünftiges Angebot", das nun zur Diskussion stehe. Diese beiden Angebote für einen Pensionsantritt vor dem 65. Lebensjahr seien auf Vorschlag der Sozialpartner und im Einvernehmen mit dem Koalitionspartner FPÖ in das Regierungsmodell aufgenommen worden.
Entgegenkommen bei den Beamten
Entgegenkommen zeigte der Kanzler jedoch erstmals in der Frage der Beamten, die sich als Ausgleich für die Verschlechterungen im Pensionsrecht unter anderem höhere Einstiegsgehälter wünschen: Dort wo es tatsächlich vergleichbar niedrige Einkommensverläufe für die Jungen gebe, könne man "natürlich darüber reden", so Schüssel im ORF-Radio. Dies müsse in den jährlichen Gehaltsverhandlungen behandelt werden. Klar sei jedoch, so Schüssel, dass die Maßnahmen "vertretbar und finanzierbar" sein müssten.
Scheuch: "Erst jetzt Verhandlungen"
FP-Generalsekretär Uwe Scheuch hatte zuvor am Samstag erklärt, die FPÖ trete "jetzt erst in die Verhandlungen". Scheuch verwies auf das bevorstehende Begutachtungsverfahren und die parlamentarischen Verhandlungen - und gab sich optimistisch: "Schlussendlich wird es auch eine gute Lösung geben", so Scheuch. Als Opposition in der Koalition sieht er die FPÖ nicht, eher als "soziales Gewissen in der Regierung".
"Gesetze werden immer noch im Parlament beschlossen"
Die VP-Arbeitnehmer übten ebenfalls Kritik an der starren Haltung Schüssels: "Gesetze werden immer noch im Parlament beschlossen", sagte ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon am Freitag. "Es kann nicht sein, dass die Regierung mit einer Vorlage kommt und sagt, daran kann kein Beistrich mehr geändert werden."
45 Beitragsjahre müssten immer genug sein, um ohne Abschläge in Pension gehen zu können, sagte Amon. FP-Generalsekretär Uwe Scheuch warf Schüssel eine "destruktive Haltung" vor. Der Kanzler solle aufhören, der FPÖ permanent "über die Medien seiner Meinung nach unverrückbare Standpunkte auszurichten. Die ÖVP hat nicht das Recht der reinen Lehre für sich gepachtet."
"Bei diesem Modell bleibt's"
In Schüssels Team sprach man vorerst nicht von Nachbesserungen. "Ich glaube, dass der Bundeskanzler völlig zurecht sagt: Auf dieses Modell haben wir uns geeinigt und bei diesem Modell bleibt's", sagte Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat bei einer Pressekonferenz mit Sozialstaatssekretärin Ursula Haubner (FPÖ). In der strittigen Frage der Schwerarbeiterregelung legten sich beide nicht fest.
Auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein wich der Frage, ob die Schwerarbeiter-Regelung noch verhandelbar sei, in der ZiB-3 in der Nacht zum Samstag wiederholt aus: Sie gehöre aber für ihn zu den "Eckpunkten" der in vielen Verhandlungsrunden paktierten Gesamtreform: "Und Eckpunkte lassen sich bekanntlich nicht ganz leicht verrücken."
Es sei bei den jährlichen Abschlägen für Schwerarbeiter im Fall eines vorzeitigen Pensionsanatritts ohnehin bereits zu einer Reduktion auf mittlerweile drei Prozent gekommen sei: "Die wurde vereinbart und die soll es geben."
FP-Haider droht
Womit Jörg Haider jedoch nicht einverstanden ist: Der ließ Schüssel ausrichten, die FPÖ werde dem Exekutivdienstgesetz mit der Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie erst zustimmen, wenn ihre Forderungen für Schwerarbeiter realisiert sind.
Die FPÖ fordert, dass Schwerarbeiter ohne gröbere Abstriche weiterhin mit 60, beziehungsweise 55 Jahren in den Ruhestand gehen können. Gleichzeitig müsse die Frage eines früheren Pensionsantritts bei den Exekutivbeamten im Außendienst gelöst werden, meint Haider. Das derzeitige VP-Modell sieht vor, dass (noch zu definierende) Schwerarbeiter künftig bereits mit 60 statt 65 in Pension gehen können, dabei aber drei Prozent Abschlag pro Jahr in Kauf nehmen müssen.