Ursula Hübner: Frau mit Fernseher

Foto: Künstlerhaus
Wien - Rockkultur ist männlich. Diese Ansicht bestärkte jedenfalls die Ausstellung Go Johnny go (Kunsthalle Wien), die letztes Jahr mit "Kunst und Mythos" rund um die E-Gitarre ein populärkulturelles Phänomen in den Mittelpunkt stellte. Die Ausstellung Born to be a Star im Künstlerhaus, von Ursula Probst kuratiert, ist eine korrigierende Ergänzung dieser Darstellung, die die Musikerinnen und Frauenbands schmählich vernachlässigte. Dass man auf der Suche nach den weiblichen Proponentinnen dieser Szene fündig werden kann, beweisen dort die unterschiedlichsten künstlerischen Beiträge, in denen historische Vorbilder immer auch als Role-Models fungieren.

Ursula Mayer nahm ihre Recherchen in Sachen Frauenbands als Ausgangspunkt für die Installation "Acoustic Mirror", in der sie die Bühne als Raum für emanzipatorische Selbstdarstellungen inszenierte. Cosima von Bonin übte sich offenbar Luftgitarre spielend in der Imitation von Joan Jett, und die souveräne Mimik von Maria Callas lässt sich angesichts der Sound- und Videoinstallation von Scanner und Katarina Matiasek sehr gut einstudieren. Popkultur wird hier einerseits als eine Möglichkeit der kulturellen Selbstermächtigung verstanden, aber auch als Plattform für künstlerische Netzwerke, die Musik und Kunst als nonkonformistische Ausdrucksmittel verstehen. Die populärste in der Ausstellung vertretene Formation sind die Chicks on Speed, die mit ihrem Song "We don't play Guitars" ihre Starqualitäten als Rockmusikerinnen längst behauptetet haben. Im Künstlerhaus zeigen sie ihre riesigen Konterfeis, die dann aber doch etwas zu aufgeblasen und popartig wirken.

Interessanter sind die lokalen Protagonistinnen, deren Aktivitäten meist auch in gemeinsamen Handlungsfeldern - beim ersten Ladyfest in Wien oder im Fluc am Praterstern - zusammenfließen. Die Künstlerinnengruppe "a room of one's own", die sich in der Akademie der bildenden Künste formierte, gibt mit ihrem im Treppenaufgang platzierten Video die erfrischende Sicht der Dinge vor: Sie lachen sich im Dutzend schräg. Der Netzwerkgedanke, der in ihren Arbeiten grundlegend ist, zieht sich auch durch die Arbeit von Constanze Schweiger, die DJs wie Electric Indigo, Ladyshave, Sweet Susie gemeinsam mit denjenigen abbildet, die für ihre Arbeit relevant waren.

Blick von hinten

Der Blick hinter die Kulissen präsentiert sich im Ausstellungsbeitrag der Kultur-und Kunsttheoretikerin Cosima Rainer in verdichteter Form. Sie richtet in ihrer kleinen Zusammenstellung mit dem Titel "Nummer Zwei" den Fokus auf die Definitionsmacht der Fans. "Warten auf die Goldenen Zitronen" heißt eine einfache Bleistiftzeichnung von Amelie von Wulffen, die den Blick von hinten in die Menge richtet, und das in Bezug auf den Unterhaltungswert der Darbietung meist sehr aussagekräftige Verhalten der Zuschauer steht auch im Zentrum des Videos von Viktor Ampliev & Sergey Vishnevsky.

Sadie Benning thematisiert das wirtschaftliche Kalkül, das die Produkte der Popkultur bestimmt, und Laura Cottingham und Leslie Singer parodieren in ihrem Filmprojekt "The Anita Pallenberg Story" (Anita Pallenberg wird von Cosima von Bonin dargestellt) das chauvinistische Verhalten der Rolling Stones.

Während diese Videos im Loop laufen, überträgt die Ausstellung die Strategien der Selbstermächtigung auf die Besucherinnen und Besucher. Ausgewählte Videos von Sadie Benning, Mike Mills, Jennifer Reeder, Deborah Schamoni, Katrina Plavcak / Johanna Kirsch u. a. können beim Portier ausgeborgt und in der Ausstellung nach eigenem Belieben abgespielt werden. (Christa Benzer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19 7. 2004)