Wien - Der Verbund will seinen Kraftwerkspark ausbauen. Angesichts zu erwartender weiterer Steigerungen bei Strompreisen und Stromverbrauch werden nun der Bau von Gerlos II und ein Ausbau in Kaprun ebenso geprüft wie die Errichtung eines rund 800 MW-Gaskraftwerkes im steirischen Mellach.

AHP legt Bericht vor

Beim Kraftwerk Gerlos II werde der Ausbau derzeit untersucht, es sei davon auszugehen, dass die Verbund-Wasserkraft-Tochter AHP (Austrian Hydro Power) einen entsprechenden positiven Bericht vorlegen wird, sagte Verbund-Chef Hans Haider bei der Halbjahrespressekonferenz. Es werde zwar "keine Kilowattstunde mehr" erzeugt, allerdings könne man auf Grund erhöhter Leistung von einem Laufkraftwerk zu einem Spitzenkraftwerk kommen. Eine Entscheidung soll heuer im Herbst fallen. Der Verbund gehe davon aus, dass sich das Projekt wegen des großen Spreads bei den Preisen für Grundlast (base) und Spitzenlast (peak) rechnen werde. Den Investitionsbedarf bezifferte Haider mit 70 bis 80 Mio. Euro.

Weiters werde in Kaprun der Bau eines großen Pumpkraftwerkes (Limberg II) mit einer Leistung von 500 bis 600 MW untersucht. Die Technologie habe sich in den vergangenen dreißig Jahren deutlich verbessert, das Kraftwerk werde im Berg sein. In der Natur gebe es keine Veränderungen. Das Investitionsvolumen werde auf 320 bis 350 Mio. Euro geschätzt. Eine Entscheidung über einen eventuellen Bau werde aber "sicher nicht heuer" fallen.

Bau im benachbarten Ausland weiter aktuell

Für den Standort Mellach sei der Verbund dabei, sich auf die Umweltverträglichkeitsprüftung vorzubereiten, eine Einreichung könnte Ende 2004/Anfang 2005 erfolgen. Ein neues Gaskraftwerk rechne sich auf Vollkostenbasis bei einem Strompreis von rund 41 Euro je MWh auf Basis der derzeitigen Gaspreise. Rund 80 Prozent der Kosten eines neuen Gaskraftwerkes entfallen auf den Brennstoff Gas. Die Großhandelspreise für Strom liegen derzeit bei etwas über 30 Euro je MWh. Der Verbund sei zuversichtlich, eine Genehmigung für das Gaskraftwerk zu erhalten - "die Frage ist zu welchen Auflagen", so Haider. Nach wie vor aktuell sei ein eventueller Bau eines Kraftwerkes im benachbarten Ausland, etwa in Slowenien. Der Verbund sei von einem nationalen zu einem internationalen Player geworden.

Bei der Zuteilung von CO2-Zertifikaten sei zu hoffen, dass die Umverteilung von geschlossenen Kraftwerken möglich sein werde. "Ansonsten sehen wir für den Neubau eines thermischen Kraftwerkes in Österreich schwarz", sagte Haider. Im von Brüssel genehmigten Allokationsplan seien für den Verbund rund 3,3 Mio. Tonnen CO2-Rechte vorgesehen. 2003 seien 5,1 Mio. Tonnen emittiert worden.

Stromnetz bleibt Sorgenkind, Blackouts möglich

"Sorgenkind" des Verbund ist das Stromnetz, vor allem der fehlende Ringschluss des 380 kV-Hochspannungsnetzes vom Südburgenland in die Steiermark sowie von Oberösterreich nach Kaprun. Dies bedeute auch eine Gefahr für die Versorgungssicherheit. Vor allem bei der Steiermark-Leitung seien Behörden und Politik aufgerufen sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein. Wenn die Politik den Bau der Leitung nicht wolle, "werden wir sie nicht bauen, aber der Verbund lehnt die Verantwortung ab, wenn es zu Blackouts kommt". Im Norden Österreichs gebe es einen Kapazitätsüberhang von 1.800 MW, während im Süden 1.400 MW fehlten. Derzeit läuft bei der Steiermark-Leitung die Umweltverträglichkeitsprüfung, ein Ergebnis sei Ende dieses Jahres, Anfang kommenden Jahres zu erwarten.

Österreich sei jahrelang Stromexporteur gewesen, nun müsse Strom importiert werden. Dieser Trend werde sich fortsetzen. "Wenn Österreich nichts tut, werden wir italienische Verhältnisse haben", so Haider in Erinnerung an das vorjährige Blackout in Italien. Mit dem Bau der Hochspannungsleitungen und dem Gaskraftwerk in der Steiermark müsste Österreich aber bis zum Jahr 2015 zurechtkommen, so Haider.

Ausweg Ökostrom

Eine Möglichkeit, das Wasserkraftpotenzial in Österreich verstärkt zu nutzen sieht der Verbund-Chef bei der Förderung von Ökostrom. Derzeit werden Kleinwasserkraftwerke nur bis zu einer Leistung von 10 MW unterstützt. Eine Anhebung auf 80 bis 100 MW wäre durchaus vernünftig. (APA)