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Die Fassade des EOS Kinos in Wien-Landstrasse

Foto: APA/ CHRISTIAN HAMMER

Wien - In Wien-Landstraße ist mit dem Eos-Kino ein Kulturjuwel der dreißiger bzw. fünfziger Jahre von der Schließung bedroht. Herbert Huber, Betreiber in zweiter Generation, geht demnächst in Pension. Ob der denkmalgeschützte Bau dann als Kino weitergeführt wird, ist fraglich. Dem Vernehmen nach könnte die "Kongregation der Dienerinnen des heiligsten Herzens Jesu" als Eigentümerin die Räume für eigene Zwecke nutzen. Ein Kino-Konzept zweier Jungunternehmer wurde vom Kloster abgelehnt.

Während man sich in der Kongregation wegen des Urlaubs des Verwaltungsdirektors wenig auskunftsfreudig zeigt, steht für Huber auf Anfrage schon fest, dass er im Herbst, "frühestens Ende Oktober" seine Konzession zurücklegen wird. Ob es ihm um das von seinem Vater übernommene Kino nicht Leid tut? "Warum, soll ich tot umfallen? Ich bin 65, ich habe eine Familie." Prinzipiell wäre eine Weiterführung gemeinsam mit Ehefrau Elisabeth noch jahrelang möglich, die Kinder hätten daran aber kein Interesse.

Ausweichquartier für Sascha-Palas

Schon seit dem Zweiten Weltkrieg habe sein Vater das Kino in der Landstraßer Hauptstraße 137a geführt, so Huber. Es sei das Ausweichquartier für den Sascha-Palast Ecke Ungargasse/Rennweg gewesen, der durch eine Brandbombe zerstört wurde. In den fünfziger Jahren wurde der Saal für Cinemascope-Filme adaptiert. Er selbst führe das Haus seit 1965.

Dass die Kino-Räume vom Kloster künftig für seinen Hort bzw. Kindergarten genutzt werden könnten, ist auch dem Bundesdenkmalamt bereits zu Ohren gekommen. Unternehmen könne man dagegen nichts, sagte Landeskonservatorin Barbara Neubauer: "Wir können keine Nutzung unter Denkmalschutz stellen. Wir können nur schauen, dass wesentliche architektonische Teile in ihrer Gestaltung erhalten bleiben." Die Architektur des Kinos samt Originalausstattung habe jedenfalls Denkmalcharakter und werde auch künftig geschützt bleiben.

"Rotlichtmilieu" ante portas?

Für eine Weiterführung als Lichtspieltheater gibt es zumindest eine Interessentengruppe: Alexander Kaiser und Feras Taha, beide nach eigenen Angaben mit Erfahrung im Kino-Geschäft, haben ein Kino- und Gastronomiekonzept vorgelegt, bei dem die Patina des Eos-Kinos erhalten geblieben wäre. Im Saal wollten sie eine Bar aufstellen und die Bestuhlung durch Sofas und Tische ersetzen. Auch heute wären sie noch zu einer Übernahme bereit, so Taha: "Wir suchen noch immer ein altes Kino. Von unserem Konzept sind wir überzeugt."

Betreibers-Gattin Elisabeth Huber zeigte Verständnis für die Ablehnung des Klosters. Die beiden hätten wohl zu wenig eigenes Kapital vorweisen können, meinte sie. Interessenten für eine Übernahme sollten sich keinen Illusionen hingeben: Bei einer Neuübernahme seien hohe Kosten fällig, schon allein, um die neuen Gewerbevorschriften etwa bei der Lüftung einzuhalten. Auch die Idee einer Bar im Kino dürfte bei der Kongregation eher abschreckend gewirkt haben, berichtete Taha: Es sei die Befürchtung geäußert worden, dass damit das "Rotlichtmilieu" ins Haus komme.

Offizielles Bedauern

Mit Bedauern reagiert man beim Verband der Lichtspieltheater auf die drohende Schließung. Verbandspräsident Herbert Dörfler gab sich am Donnerstag auf Anfrage zuversichtlich, dass sich ein Nachfolger für den scheidenden Betreiber finden werde: "Arthouse ist sicher die Zukunft. Superpaläste sind nicht das, was Wien braucht." Interessenten ließen sich dafür sicher sicher finden. Er habe auch den Eindruck, dass die "Dienerinnen des heiligsten Herzens Jesu" als Eigentümer an einer Weiterführung als Kino interessiert seien, wenn sie eine angemessene Miete dafür bekämen.

Wichtig sei aber, dass es die auslaufende Wiener Kinoförderung (2002 für drei Jahre auf insgesamt 2,180.185 Euro festgelegt) auch im kommenden Jahr wieder geben werde. Die Verhandlungen mit Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und Finanzstadtrat Sepp Rieder (beide S) sind laut Dörfler derzeit im Laufen.

Vorerst Modell ohne Zukunft

Beim Kulturamt der Stadt Wien fühlt man sich für die Rettung des Kinos nicht zuständig. Seitens der städtischen Kulturabteilung will man zwar "alles tun, um eine vitale Kinolandschaft, vor allem eine Programm- und Arthouse-Kinolandschaft abseits der Multiplexe zu erhalten", so ein Sprecher. In Sachen Eos-Kino sei allerdings noch niemand an die Stadt herangetreten. Zu bedenken sei auch, dass es sich um ein privat und vor allem kommerziell geführtes Haus handle - und dafür sei man eigentlich gar nicht zuständig: "Die Kulturabteilung kann nicht jedes privat geführte, ins Stottern geratene Kino retten."

Städtisches Geld bekomme das Eos schon jetzt aus der Kinoförderung. Es in der jetzigen Form - also vor allem mit Mainstreamfilmen - weiterzuführen, sei aber "ein Kino-Modell ohne Zukunft", so der Sprecher. Für ein weiteres Programmkino könnte in Wien dagegen durchaus noch Platz sein: "Wenn man das professionell angeht, warum nicht?"

Emotionslos in Sachen Eos-Kino gab man sich in der Lichtspieltheater-Fachgruppe der Wiener Wirtschaftskammer. "Aufgabe der Wirtschaftskammer ist es nicht, einzelne Kinos zu retten", meinte Geschäftsführer Klaus Vögl: "Wir müssen das in Summe nüchtern zur Kenntnis nehmen, auch wenn es bedauerlich ist." Interessenten für Wiener Kinos gäbe es immer wieder, und der derzeitige Eos-Betreiber könne sich ja an die Nachfolger-Börse der Kammer wenden.

Spitznamen "Herz-Jesu-Pollak"

Das Gebäude in Wien-Landstraße, in dem sich seit den vierziger Jahren das Eos Kino befindet, ist in den Jahren 1930/31 entstanden. Errichtet wurde es als Kindergarten, Schule und Schwesternheim für die "Kongregation der Dienerinnen des heiligsten Herzens Jesu", die im selben Häuserblock auch das Herz-Jesu-Krankenhaus betreibt. Den heute für das Kino genutzten Saal konzipierte Architekt Felix Angelo Pollak für Vorträge und Theateraufführungen.

Im zweigeschoßigen Foyer ist laut Friedrich Achleitners "Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert" noch der ursprüngliche Kachelboden und die Keramikfliesen an den Wänden noch vorhanden. Das bestätigte auf Anfrage auch Elisabeth Huber: Den Kinosaal habe man zwar umgebaut, im Foyer aber kaum etwas verändert.

Das sechsstöckige Haus mit turmartigem Stiegenhaus an der Ecke zur Rabengasse ist Teil eines ganzen Gebäudekomplexes des Klosters. Dem Architekten soll es übrigens den Spitznamen "Herz-Jesu-Pollak" eingetragen haben. Die weiteren Bauten der Kongregation sind die 1903 bis 1906 erbaute neoromanische Herz-Jesu-Kirche links vom Kino sowie das Krankenhaus und Kloster in der Keinergasse. (APA)