Wien – Die vehementen Forderungen von Sozialforscher Bernd Marin nach Einführung einer Viertagewoche stärkt nun auch denjenigen Arbeitnehmervertretern den Rücken, die genau diese Idee derzeit im Vorfeld neuer Kollektivvertragsverhandlungen ventilieren. So etwa die Tourismusgewerkschaft. Deren Chef, Rudolf Kaske, weist etwa im STANDARD-Gespräch darauf hin, dass das Modell "täglich länger, aber dafür nur vier Tage" mit dem Segen des ÖGB eigentlich schon angewendet werden könnte. Es sei jedoch "totes Recht, weil die Betriebe es ignorieren".

Seine Vermutung: Dazu müssen Dienstpläne erstellt werden, eine Pflichtübung, die vielen in der Praxis zu lästig sei. Es fehle also "den Unternehmern an Flexibilität", spielt Kaske den Ball vor allem an Finanzminister Karl-Heinz Grasser zurück, der seine Gewerkschaftsaversion zuletzt wieder mit "deren fehlender Leistungsorientierung bzw. Flexibilität" begründet hatte.

"Viertagewoche bereits umsetzbar"

Dagegen machen nun auch die Privatangestellten Front, die in der Diskussion über flexiblere Arbeitszeiten darauf verweisen, dass eine Viertagewoche bereits jetzt in über 80 Prozent der Kollektivverträge ohne Probleme umsetzbar wäre.

Arbeitsrechtlern fallen auf Anfrage jedenfalls ad hoc sechzehn bereits bestehende flexible Standardmodelle ein, die quer durch alle Sparten – vom medizinischen Bereich über Sozial- und Sicherheitsdienste bis hin zum Handel und dem Transport- und Informationssektor – österreichweit möglich sind.

Kaske will jedenfalls in den laufenden KV-Gesprächen auf dem vermehrten Einsatz flexibler Modell beharren, auch weil er sich mit seiner Klientel einig weiß: "Den Tourismusarbeitern ist es zumeist egal, ob sie an einem Tag acht, zehn oder zwölf Stunden arbeiten, wenn sie dafür dann en bloc mehr Freizeit bekämen." Sepp Schellhorn, Chef der Österreichischen Hoteliervereinigung, meint jedoch, dass solche Überlegungen so lange kaum Chancen haben, solange die Betriebe in der Folge davon mehr Personal einstellen müssen: "Das ist bei den derzeit hohen Lohnnebenkosten ineffizient."

"Nebenschauplatz"

Eine Möglichkeit, diese zu drücken, wäre vielmehr die Einführung eines neuen Kombilohns, so Schellhorn. Dessen Succus: Das Arbeitsmarktservice trägt einen Monat lang die Lohnnebenkosten. Dadurch würden auch viele Saisonarbeiter länger im Job bleiben können, heißt es mit Blick auf die Sozialpartner. Diese wollen sich "das erst einmal durchrechnen", halten aber die Verweildauer (die meisten Betriebe haben neun Monate Saison) derzeit eher "für einen Nebenschauplatz".

Der Grund dafür: Immer mehr gut ausgebildete Tourismusmitarbeiter bekommen sogar jetzt in der Hochsaison überhaupt keinen Job mehr. Im Juli stieg die Branchenarbeitslosigkeit um vier Prozent auf 24.663 Personen. (Monika Bachhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8.8.2004)