Wiesbaden - Die deutsche Wirtschaft kommt in Fahrt. Getrieben vom boomenden Export legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 2. Quartal mit einem Tempo zu, wie seit drei Jahren nicht mehr. Die Wirtschaftsleistung übertraf das erste Quartal saison- und kalenderbereinigt um real 0,5 Prozent.

Dies berichtete das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden. Damit wurde das überraschend gute erste Vierteljahr (0,4 Prozent) sogar noch in den Schatten gestellt. Die meisten Volkswirte hatten diese Belebung im zweiten Quartal allerdings auch erwartet.

Größtes Wachstum seit 2001

"Saisonbereinigt handelt es sich um das größte Wachstum seit Anfang 2001. Das ist ein gutes Zeichen", sagte ein Statistiker. Zum letzten Mal hatte die Wirtschaft im ersten Vierteljahr 2001 mit 0,9 Prozent stärker zugelegt.

Motor für die konjunkturelle Belebung waren weiterhin die Exporte, die im zweiten Vierteljahr im Vergleich zu den Importen stärker stiegen und für einen Überschuss sorgten. Der Konsum der privaten Haushalte sowie die Investitionen von Unternehmen und Staat stagnierten dagegen nahezu.

Die wachsende Dynamik zeigt sich auch im Vorjahresvergleich: Das BIP des zweiten Quartals fiel 2,0 Prozent höher aus als vor einem Jahr. Das ist der höchste Wert seit dem dritten Quartal 2000. Damit wurden Expertenschätzungen sogar noch leicht übertroffen.

Da von April bis Juni 2004 ein Arbeitstag mehr zur Verfügung stand, hätte die Jahresrate unter Ausschluss dieses Kalendereffekts immerhin noch bei 1,5 Prozent gelegen. Die ausführlichen Ergebnisse wird das Statistische Bundesamt am 24. August bekannt geben.

Binnenkonjunktur stockt

"Die Binnenkonjunktur ist noch nicht in Schwung gekommen", sagte der Chefvolkswirt der Dresdner Bank, Michael Heise. "Der Aufschwung hat noch nicht die Breite, die wir brauchen." Die Europäische Zentralbank warnte am Donnerstag davor, dass die hohen Ölpreise von derzeit über 40 Euro die Wachstumsdynamik dämpfen könnten.

"Das anhaltend hohe Niveau der Ölpreise gibt Anlass zur Besorgnis", schreibt die EZB in ihrem Monatsbericht. Dadurch würde die Inflation vorläufig über der Marke von zwei Prozent gehalten.

Der deutsche Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) begrüßte die Zahlen als "außerordentlich erfreulich". Er gehe davon aus, dass das Wachstum im gesamten Jahr 2004 nicht an der unteren Grenze der von der Regierung erwarteten Spanne von 1,5 bis 2,0 Prozent liegen werde, sondern höher ausfalle.

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hatten in den vergangenen Wochen bereits ihre Prognosen für dass Gesamtjahr 2004 erhöht und rechnen mehrheitlich mit einem Wachstum von 1,8 Prozent, einige sogar mit 2 Prozent. 2003 war die deutsche Wirtschaft um real 0,1 Prozent geschrumpft. (APA/dpa)