Budgets sind wie die in Zahlen ausgedrückte Matrix gesellschaftlicher Zuständen und die Gesellschaft gestaltende Ideen. Und nicht immer sind die direkten und indirekten Auswirkungen auf Frauen so einfach zu durchschauen.
murlasits

Finanz- und Budgetpolitik finden nur selten Eingang in die kritische öffentliche Diskussion. Nicht immer sind die direkten Auswirkungen auf Gesellschaft und Individuen so offensichtlich wie bei der Pensionsreform. Da getrauen sich dann wieder mehrere, sich einzumischen. Aber sonst?

Die Wirtschaft sei so komplex, dass sie kaum zu durchschauen sei. Der öffentliche Bereich sei einfach nicht mehr zu finanzieren, schon gar nicht, weil er Platz für SozialschmarotzerInnentum schaffe und nur die Fleißigen schröpfe. Verkauf und Privatisierung seien die einzigen Möglichkeiten, endlich mit den in den letzten Jahren produzierten hohen Schulden fertig zu werden. Und außerdem müsse man die öffentlichen Einrichtungen effizient und betriebswirtschaftlich führen. "Mehr privat, weniger Staat!" blökt da die Herde.

Der Markt - das geschlechtsneutrale Schlachtfeld?

Und nicht immer sind die Auswirkungen auf Frauen und deren Geschlechterrollen so leicht zu durchschauen wie beim Kinderbetreuungsgeld und der Schließung des Frauenministeriums. Dass aber Finanz- und Budgetpolitik direkt an der Festigung von Rollenbildern teilhat, dass sich die Liberalisierung der internationalen Aktienmärkte nicht geschlechtsneutral auswirkt, ist anscheinend noch zu wenig an die Oberfläche gedrungen.

Wirtschaft und die Auseinandersetzung damit hat einen deutlich männlichen Beigeschmack. Das kommt auch nicht von ungefähr. Zur Analyse wirtschaftlichen Handelns wurde immer wieder "Otto Normalverbraucher" herangezogen, seine Entscheidungen wurden zur Norm. Ebenso das Bild der Wirtschaftstreibenden: der Prototyp des Managers - des Wirtschaftstreibenden - war und ist der erfolgreiche Mann in Anzug und Krawatte. Um mit der deutschen Soziologin Christa Wichterich zu sprechen: "Der smarte starke Mann auf den globalen Märkten ist der high-tech-gerüstete Spekulant, der Kämpfer im Management, in der IT-Branche und auf den Finanzmärkten, der weder Konkurrenz noch Risiko scheut."

Erklär- und analysierbar?

Und doch: geschlechtsneutral ist auf dem Markt und in der Wirtschaft so gut wie gar nichts. Feministische WissenschafterInnen versuchen das schon seit längerem zu hinterfragen - und die Antworten sind erstaunlich klar und verständlich.

Gerade wenn es sich um die "Notwendigkeit" von Einsparungen im öffentlichen Bereich dreht, scheint Vorsicht von Nöten, sind es doch zum überwiegenden Teil Frauen, die - auf Grund ihrer gesellschaftlichen Stellung - solche Leistungen in Anspruch nehmen (müssen). Wird also hier gespart, trifft es Frauen vermehrt. Sie sind es, die zum größten Teil die fehlenden Plätze in der Alten- und Kinderbetreuung ausgleichen. Unbezahlt, natürlich. Und so führt sich das als überaus effizient gehandelte Wirtschaftssystem ad absurdum: es wird zwar gespart und das Defizit verkleinert. Ja, aber um das zu gewährleisten müssen die Frauen allein in Österreich unbezahlte Arbeit im Wert von 51 Milliarden Euro pro Jahr leisten. Mindestlohn, versteht sich.

Aktienmärkte haben ein Geschlecht?

Und selbst die Aktienmärkte üben direkten Einfluss auf Geschlechterrollen aus und bemächtigen sich der Frauen als Regulatorinnen. Eklatant sichtbar wurde das im Fall der Asienkrise 1997/98. Nicht nur, dass die Frauen die Mehrbelastungen ertragen mussten, um das "Werkl am Laufen zu halten". Missbrauch, Prostitution und Frauenhandel nahmen in der Region zu, ebenso wie Vergewaltigung und Mord an Frauen und Mädchen. Und wer aufmerksam die Auslastungszahlen der Frauenhäuser beobachtet, kann auch in Österreich jedes Sparpaket genauestens mitverfolgen.

Frauen verdienen 10 Prozent des weltweiten Einkommens, auch wenn sie ein Vielfaches der Arbeit leisten. Sie besitzen gerade 1 Prozent des weltweiten Landbesitzes, beziehungsweise 0,98 Prozent des Vermögens. Das ist ganz offensichtlich und unbestreitbar ungerecht. Im bezug auf den Aktienmarkt kommen noch weitere Ungleichheiten an die Oberfläche. Gerade mal 2 Prozent des internationalen Devisenumsatzes werden durch den Welthandel erwirtschaftet. Alles andere sind Finanzspekulationen. Doch gerade hier gilt: wer mehr Geld, der mehr Gewinn. Also für Frauen ein ziemlich unausgeglichenes Spiel.

Gender-Budgets: ein Weg für die Zukunft?

In den letzten Jahrzehnten ersonnen und seit einigen Jahren immer stärker in der Diskussion sind die sogenannten "Gender-Budgets". Budget- und Finanzpolitik soll hier unter die gendersensitive Lupe genommen werden, alle Posten im Zusammenspiel. Wenn Ungerechtigkeiten dann sichtbar werden, lassen sich vermeintliche Sparzwänge nicht mehr als notwendig darstellen.

(e_mu)