Menschen wie ihn kann man sich schwer vorstellen in einem Land, wo sich Frühpensionierungen im Lauf der Jahrzehnte zum lieb gewordenen Regelfall entwickelt haben: "Hackler" sind Menschen um die sechzig, die in den späten Fünfzigerjahren zu arbeiten begonnen haben, Tag für Tag und Jahr um Jahr verlässlich in die "Hacken" gegangen sind und nun mit 45 Beitragsjahren zum Pensionssystem in den vermeintlich wohl verdienten Ruhestand gehen wollen.

Kein Problem – zumindest nach der geltenden Gesetzeslage: Bis 2006 läuft noch jene "Hacklerregelung", die dies möglich macht. Oder doch ein Problem: Die "Hacklerregelung" ist ein extremes Minderheitenprogramm. Im Jahr waren es nur 1770 Männer (für Frauen gelten vorläufig geringere Anforderungen von 40 Beitragsjahren), die 45 Jahre gearbeitet haben. Sie konnten wegen "langer Versicherungsdauer" – so der offizielle Begriff für die "Hacklerregelung" – in Pension gehen, weitere 5175 Männer kamen durch Arbeits- und Ersatzzeiten (für Präsenzdienst oder Arbeitslosigkeit) in den Genuss der Regelung.

Ein Minderheitenprogramm also – und eines, das noch dazu ausläuft. Denn nach den Plänen der Regierung muss man künftig nicht nur mindestens 45 Jahre gearbeitet haben, sondern auch noch das 65. Lebensjahr erreicht haben, um ohne Abschläge in Pension gehen zu können.

Aber das ist natürlich ganz unscharf gesagt – und es macht Sinn, sich schon probeweise in die Situation zu versetzen, nach 45 Jahren auf dem Arbeitsmarkt keine (Früh-)Pension in Sicht zu haben. Nach einer Übergangszeit soll nämlich gelten, dass 45 Versicherungsjahre (inklusive Ersatzzeiten und eventuell nachgekaufter Schul- und Studienmonate) alleine für eine Pension in voller Höhe nicht ausreichen. Wer die beziehen will, muss eben bis 65 arbeiten.

Das hieße für Menschen des Jahrgangs 1955, die 1970 im Alter von 15 Jahren zu arbeiten begonnen haben: Um eine volle Pension zu bekommen, müssen sie versicherungsmathematisch gesprochen bis zum Alter von 64 Jahren arbeiten. Bleiben sie gar bis 65, wird ihre Pension kräftig erhöht (und macht dann sogar 89 Prozent der Bemessungsgrundlage aus) – aber da ist es von jetzt an gerechnet eben noch 21 Jahre hin.

Kann man dann überhaupt noch arbeiten? Die Statistik sagt über jene wenigen, die derzeit 45 Jahre auf dem Arbeitsmarkt erreicht haben, jedenfalls eines: Es sind nicht die als typisch empfundenen "Hackler" (die also mit Krampen und Schaufel auf dem Bau ihr täglich Brot verdienen), die so lange arbeiten. Sondern es sind Menschen in weniger anstrengenden Berufen, die eine so lange Beschäftigung aufweisen. Und eines Tages, nach mehrjähriger Übergangsfrist, sollen es alle sein. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 7.9.2004)