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Foto: AP Photo/PA, Yui Mok
Hier soll es zur Abwechslung wieder einmal um ein Musikvideo gehen. Und zwar um eines, das eigentlich gar keines ist. Ein schlanker Vierminüter, der nur einen Sänger samt seiner Begleitband auf einer riesigen Bühne zeigt. Diese Reduktion verdeutlicht bereits, dass sich hier jemand auf das Notwendigste konzentriert.

Sind Videos doch großteils ideenlose Selbststilisierungen von irgendwie zu kurz Gekommenen. Wie soll man sich sonst die Viagra-Silikon-Ästhetik in circa 99,5 Prozent aller HipHop-Videos erklären? Die restlichen Musikclips sind meist inhaltslose Kurzfilmchen, die ebensolche Musik "kongenial" bebildern.

Schnelle Schnittfolgen wollen Dynamik und Aufgeregtheit suggerieren, in Wahrheit herrschen Einfallslosigkeit und Stillstand. Der hier nun als Gegenentwurf präsentierte aktuelle Clip zu "First Of The Gang To Die" verzichtet auf narrative Elemente. Stattdessen zeigt er den britischen Superstar Morrissey während eines Stadionauftritts, bei dem er vor riesigen rot leuchtenden Lettern nämlichen Song gibt. Eigentlich superfad. Wie er darin jedoch nach wenigen Zeilen, vom eigenen Song und dessen Botschaft ergriffen, wie ein Bühnentragöde in die Knie geht - Jesus Christus! - das hat mehr emotionale Wirkung als ein ganzer Tag Viva oder MTV-Deutschland als solches.

Es verdeutlicht Kunst und Wirkung in archaischer Weise. Morrisseys anschließendes rührendes Rühren und Ziehen in der Luft muss man wohl als Symptome des Stendhal-Syndroms durchgehen lassen. Herrlich! (flu/DER STANDARD, Printausgabe, 10.9.2004)