Von rechts nach links: Shirin Ebadi, Frauenstadträtin Sonja Wehsely und Edith Schlaffer von "Frauen ohne Grenzen"
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Fast am Ende ihres fünftägigen Österreich-Besuchs kam die iranische Friedensnobelpreisträgerin am Dienstag noch zu einem von "Frauen ohne Grenzen" organisierten Empfang ins Wiener Rathaus. Das Interesse an der engagierten Menschenrechtsanwältin war sehr groß, ein Umstand, dem die Security mit einigen Verhaltensvorschriften entgegenkam.

Als Shirin Ebadi dann den Festsaal betrat, konnte mensch etwas von dem erfahren, was es heißt, ein Star zu sein. Strahlende Gesichter, worauf sich ihre Augen richteten, Aufregung bei jenen, die normalerweise als Polit-Prominenz selbst Einladungen folgen. Nach einer kurzen Einführung von Gastgeberin Edith Schlaffer und Begrüßungsworten der Wiener Frauenstadträtin Sonja Wehsely begann Ebadi mit ihrem Vortrag, der sich einerseits psychologisch mit der Entstehung von Selbstliebe bei Frauen auseinandersetzte, andererseits die weltweite Frauendiskriminierung anprangerte.

Diskriminierung weltweit

Entgegen der oft im Westen oft zur Schau gestellten Perfektion in Sachen Gleichberechtigung wies die Anwältin darauf hin, dass die Geschlechter auf der ganzen Welt mehr oder weniger ungleich behandelt werden. Der Islam als Religion würde der Gleichheit und Gleichwertigkeit der Geschlechter grundsätzlich nicht im Weg stehen, jedoch aber die patriarchale Kultur, die in manchen islamischen Ländern eine besonders starke Ausprägung erfahren hätte.

Gesetzliche Gleichstellung

Gesetze und Vorschriften würden auf dem Weg zur Gleichberechtigung der Geschlechter vieles, jedoch bei weitem nicht alles vollbringen. Die niedrige Anzahl von Frauen in wichtigen gesellschaftlichen Positionen im Westen zeige, wie schwierig patriarchale Kultur zu überwinden ist.

Dem Iran fehlt es allerdings auch an gesetzlicher Gleichstellung. In dem islamisch geprägten Land ist die "Minderwertigkeit von Frauen" in zahlreichen Bereichen gesetzlich festgeschrieben. So können Frauen nur in seltenen Fällen als Zeuginnen vor Gericht auftreten, und selbst dann zählt ihre Aussage nur halb so viel wie die eines Mannes. Besonders anschaulich auch die Handhabung bei Unfällen mit tödlichem Ausgang: Handelt es sich bei dem Opfer um eine Frau, beträgt die Entschädigungssumme grundsätzlich die Hälfte von dem, was den Angehörigen eines männlichen Toten zusteht.

Leidvolle Situation für Frauen

Die Iranerinnen würden an diesen Normen leiden, das sie nicht ihren eigenen "kulturellen und inneren Werten" entsprechen. Ebadi äußerte sich überzeugt, Frauen hätten als Mütter die besondere Aufgabe, ihren Kindern den notwendigen "Selbstrespekt" beizubringen, um auch andere respektieren zu können. Die etwas deterministisch anmutende Betonung auf die soziale Rolle der Frau als Mutter ließ einige Fragen offen - Ebadi unterstrich aber auch die Ungerechtigkeit, die Frauen widerfährt, wenn sie ihre individuellen Fähigkeiten nicht entwickeln und ausleben dürfen.

Am Schluss erklärte Ebadi noch einmal, die Demokratie im Iran würde nur dann eine Chance haben, wenn Frauenrechte mehr Beachtung finden. Der Umgang einer Gesellschaft mit Frauen und in Konsequenz ihre Anerkennung der Menschenrechte sei der wichtigste Indikatur für eine demokratische Kultur, die Ebadi durch ihre Arbeit mitzugestalten versucht. (freu)