Neue Alben von zerrissenen jungen Schweden, einem Quartett aus Nebraska und aus den Slums von Rio de Janeiro
Ronald Pohl
,
DIVERSE INTERPRETEN: RIO BAILE FUNK
Favela Booty Beats
(Universal)
Vergessen Sie alles, was sie über brasilianische Musik zu wissen glaubten. In den Slums von Rio de Janeiro wird längst zu einem Sound getanzt, der sich mehr den Folgen der Globalisierung verdankt als lokalen folkloristischen Einflüssen. Der über mächtige Soundsysteme bei Partys in den Favelas hinausgeblasene "Rio Baile Funk" verbindet hier den multi-ethnischen Sound der Cariocas, der Einwohner Rio de Janeiros, mit Funk, Miami Bass, House, Old-School-HipHop und -Electro, Salsa-Samples, portugiesischen Raps, ja sogar Hardrock zu einer harten, brutalen, basslastigen, auf jeden Fall aufregenden und einzig auf den Tanzboden zielenden Mixtur, die in ihrer unmittelbaren Dringlichkeit an den ebenfalls heuer im Westen breiter vorgestellten Mzansi-Sound aus Südafrika erinnert. Weltmusik war früher. Das hier ist Weltpunk elektronisch gedeutet. Etwas Besseres im Sektor Dancefloor wie diese vom deutschen Journalisten und DJ Daniel Haaksman zusammengestellte Kompilation werden Sie die nächsten zwei Jahre nicht bekommen.
THE RADIO DEPT. Lesser Matters (Edel) Das Album der jungen, schwedischen Band klingt zwar in ihrer Zerrissenheit wie eine FM 4-Kompilation zum Thema klassischer britischer Gitarrenpop mit Ausflügen in den melodiösen US-Grunge der frühen 90er-Jahre. Allerdings hat man auch die dröhnenden Feedback-Exerzitien von britischen Altvorderen wie Spacemen 3 oder The Jesus And Mary Chain mit mitunter picksüßen Melodien gekoppelt und verwendet statt einem durstigen Schlagzeuger lieber eine anspruchslose Beatbox: "Nothing happens around me anymore." Das leider auch.
THE GOOD LIFE
Album Of The
Year
(Ixthuluh)
Das Quartett aus Nebraska kommt aus dem Umfeld des allgemein geschätzten Spinners Conor Oberst. Und die vier wirken auch in dessen Begleitband Bright Eyes mit. Mit Oberst verbindet Good Life-Chef Tim Kasher nicht nur ein näselnder Vortragsstil zu oft bei hybrider europäischer Pop-Folklore im Sinne etwa von XTC in deren mittlerer Phase abgeschauten wankenden Werten. Auch ein ausgeprägt melancholischer Zynismus verbindet die beiden Freunde: "Lovers need lawyers!" (DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2004)
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