Das Zirkuszelt wirkt wie ein bunter Fremdkörper. Mitten am Brüsseler Schumann-Platz wo sonst nur die hässlich-grauen Büroburgen der EU-Kommission und des Rates sich versammeln, steht plötzlich seit dieser Woche das Zelt und bringt Farbe in das Europaviertel. Wie das Zelt äußerlich die Anmutung des EU-Viertels verändert, will die Ausstellung im Zelt dasselbe mit dem Image der EU tun: Ihr Ziel heißt wie ihr Name - "Ein neues Gesicht für Europa".

Der niederländische Architekt Rem Koolhaas will, dass es den Zirkuszeltbesuchern geht wie ihm beim Ausstellungsgestalten: "Ich wusste am Anfang wenig darüber, wie die EU funktioniert." Mit der Beschäftigung mit der EU wuchs die Faszination über das "Friedensprojekt Europa" - und genauso hofft Koolhaas, mit der Ausstellung für Europa zu begeistern und so einen Kontrapunkt zur Europaskepsis setzen zu können.

"Wir wollen Propaganda für das Komplexe machen", erläutert Projektleiter René Graf das Konzept. Denn: "Propaganda wird meist für das Einfache gemacht. Die EU ist komplex und hat ein schlechtes Image. Je mehr man von der EU versteht, ein desto besseres Bild bekommt man von dem großen Europa."

Und so zeigt die Ausstellung ein buntes Europapanorama: Scherenschnitte über den Beginn der europäischen Geschichte, Collagen über die Entwicklung der EU von der kleinen Wirtschaftsgemeinschaft zur großen politischen Union. Über Österreich wird auf der mit "Red Bull" und Wien-Ansichten unterlegten Collage mitgeteilt: Dort gibt es Herminator und Terminator, Kruder und Dorfmeister, Weltkulturerbe-Städte, den höchsten Biobauernanteil in der EU und den Kameradschaftsbund. Bis Ende September steht der Europazirkus noch in Brüssel. Dann übersiedelt er nach München. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.9.2004)