Wien/Graz - Nach der von der steirischen ÖVP losgetretenen Debatte über die rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften mit heterosexuellen will die Bundes ÖVP nun einige Änderungen vornehmen. Der Parteivorstand hat am Mittwoch einstimmig beschlossen, Diskriminierungen in Bereichen wie Mietrecht oder Konkursrecht zu beseitigen und Pflege- oder Beiziehungsregelungen anzupassen. Eine eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle wird es aber weiter nicht geben, ebenso kein gemeinsames Adoptionsrecht.

Ehe sei "nicht disponibel"

Generalsekretär Reinhold Lopatka erklärte, dass sich die ÖVP zur Förderung von Ehe und Familie bekenne, die Ehe sei "nicht disponibel". Hier gebe es einige "berechtigte Sonderrechte", weil mit der Ehe auch eine Reihe von Pflichten verbunden seien. Änderungen soll es daher nur dort geben, wo es Diskriminierungen zu nicht-ehelichen heterosexuellen Partnerschaften gibt.

Eintrittsrecht in den Mietvertrag für PartnerInnen soll geregelt werden

Von einer ÖVP-internen Arbeitsgruppe wurde über ein Dutzend Punkte erarbeitet. Homosexuelle sollen etwa künftig auch Mietzinsbeihilfe bekommen können. Ausdrücklich geregelt werden soll für Homosexuelle auch das Eintrittsrecht in den Mietvertrag nach dem Tod des Partners. Österreich war in diesem Zusammenhang schon vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden. Bei Dienstwohnungen soll Homosexuellen künftig ebenso ein Räumungsaufschub im Todesfall gewährt werden.

Pflegefreistellung und Familienhospizkarenz soll kommen

Weiters soll die Pflegefreistellung (Urlaubsgesetz) und die Familienhospizkarenz geöffnet werden, auch Dienstverhinderungsgründe sollen künftig von homosexuellen Partnern vorgebracht werden können. Zeugnisentschlagungsrechte sollen auf Verwaltungsverfahren und Zivilprozesse ausgeweitet werden.

Festnahmen, Jugendschutzgesetz, ...

Bei Festnahmen soll das Verständigungsrecht auf homosexuelle Partner ausgeweitet werden, beim Jugendschutzgesetz können künftig auch Homosexuelle als Vertrauenspersonen beigezogen werden. Weitere Änderungen betreffen das Versicherungsvertragsrecht und das Konkursrecht. Beim Unterbringungsgesetz soll das Rekursrecht gegen die zwangsweise Unterbringung ebenfalls auf gleichgeschlechtliche Partner ausgeweitet werden.

In die umgekehrte Richtung wird bei der Notstandshilfe eine Änderung vorgenommen. Bisher wurde nur bei verschiedengeschlechtlichen Paaren das Einkommen des Partners auf die Notstandshilfe angerechnet.

Dort, wo es Vorteile auf Grund der Ehe gibt, solle es nach ÖVP-Vorstellungen keine Änderungen geben. Das betrifft etwa das Erbrecht oder das Auskunftsrecht in Krankenhäusern. In der Praxis gebe es bei letztgenanntem Punkt aber ohnehin keine Probleme, so die ÖVP. Ein gemeinsames Adoptionsrecht für Homosexuelle lehnt die Volkspartei zwar ab, die Einzeladoption sei aber auch jetzt schon möglich, meinte Lopatka.

Steirische VP: Drexler sieht Debatte nicht am Ende

Erfreut, aber gleichzeitig auch überzeugt, dass die Debatte um die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften in Österreich mit den Beschlüssen des ÖVP-Vorstandes noch nicht beendet ist, zeigte sich am Mittwoch der steirische VP-Klubchef Christopher Drexler, der die Debatte ja im Sommer eröffnet hatte. Er gehe jedenfalls jede Wette ein, dass sich binnen fünf Jahren auch ein entsprechendes Rechtsinstitut in Österreich finde, wie es in mehreren EU-Staaten schon Standard sei.

Drexler meinte, "natürlich bewerte ich die Ergebnisse der Arbeitsgruppe und den Vorstandsbeschluss positiv und als Schritt in die richtige Richtung". Dieser wäre nicht gesetzt worden, hätte die steirische VP die Debatte im Sommer nicht eröffnet. Die rechtliche Angleichung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften sei ein Thema, das in dieser schon im März 2001 von VP, SP und Grünen im steirischen Landtag beschlossen worden sei. Was im Moment offenbar nicht möglich sei - ein Rechtsinstitut zu begründen. "Da müssen die Überlegungen noch weitergehen", so Drexler. Außerdem komme es nun auch darauf an, dass im Parlament SPÖ und Grüne mit den Beschlüssen der VP mitgingen.

Hahn mit Parteibeschlüssen zufrieden

"Roma locuta, causa finita" ("Rom hat gesprochen, der Fall ist erledigt", Anm.): Dieses Fazit hat heute, Mittwoch, der geschäftsführende Obmann der Wiener ÖVP, Johannes Hahn, aus dem Beschluss des Bundesparteivorstandes zur partiellen Gleichstellung homosexueller Paare gezogen. Die Debatte ist für Hahn damit für die nächste Zeit "befriedigend erledigt". Schließlich sei das Ergebnis im Parteivorstand - an dem er teilgenommen habe - einstimmig gefallen, stellte Hahn klar.

Er sei zufrieden, betonte der nicht amtsführende Wiener Stadtrat. Gerade die Wiener Vertreter hätten ihre Vorstellungen gut eingebracht. Politik sei aber auch immer die Kunst des Möglichen. Die Einrichtung einer eingetragenen Partnerschaft sei nicht durchsetzbar gewesen.

Unklarheiten gibt es offenbar zur Frage bezüglich des Auskunftsrechtes in Krankenhäusern. Am Vormittag hatte ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka vor Journalisten erklärt, man habe hier keine Änderung vorgenommen, da es in der Praxis ohnehin keine Probleme gebe. Hahn betonte im Gespräch mit der APA hingegen, dass dieses Recht sehr wohl beschlossen worden sei: "Das war uns ein Anliegen."

Dass die Diskussion in der ÖVP über die rechtliche Gleichstellung Homosexueller nicht von der Hauptstadt, sondern von der steirischen Landespartei angestoßen wurde, bedrückt Hahn nicht: "Da bin ich schmerzfrei." Das Thema sei auf seiner Agenda nicht ganz oben gestanden, man habe es jetzt aber "sehr ordentlich abgehandelt". (APA)