Port-au-Prince - Die Flutkatastrophe in der haitianischen Stadt Gonaives hat vermutlich mehr als 2.000 Menschen das Leben gekostet. Dies sagte am Montag der Bürgermeister Calixte Valentin nach Angaben der Nachrichtenagentur Haiti Press Network.

Haitis Zivilschutz nannte am Montag als vorläufige Opferzahl 1.650 Tote und 800 Verletzte. Premierminister Gerard Latortue erwog eine Teilevakuierung der drittgrößten Stadt der Karibikrepublik, in der nach dem Tropensturm "Jeanne" jetzt Seuchen drohen.

Wälder gerodet

Wegen der kompletten Entwaldung des Landes sind Naturkatastrophen in Haiti besonders verheerend. Fast der komplette Baumbestand wurde als Brennmaterial vernichtet. Immer wieder wird Haiti nun von Unwettern schwer getroffen. Erst im Mai starben bei Sturzfluten fast 1.200 Haitianer. Beim Durchzug des Wirbelsturms "Gordon" 1994 wurden 830 Menschen getötet, 1998 kostete Hurrikan "Georges" mehr als 150 Haitianer das Leben.

Instabile Region

Die Karibikrepublik Haiti ist seit Jahrzehnten das ärmste Land Lateinamerikas. Politisch ist der 27.750 Quadratkilometer große Staat auf der Insel Hispaniola einer der instabilsten der Region. Hauptstadt des 1804 als erstes Land Lateinamerikas in die Unabhängigkeit entlassenen Staates ist Port-au-Prince mit nahezu 900.000 Einwohnern.

Von der reichen Kolonie zum Armenhaus

Die politische und wirtschaftliche Dauerkrise hat aus der einst reichen französischen Kolonie das Armenhaus Amerikas gemacht. Rund 80 Prozent der 8,1 Millionen Einwohner leben am Rande des Existenzminimums, zweistellige Inflationsraten machen selbst Grundnahrungsmittel für viele unbezahlbar. Die Lebenserwartung liegt bei nur 51,6 Jahren, die Kindersterblichkeit ist hoch. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt 460 US-Dollar (375 Euro) pro Kopf.

Korruption und Machtmissbrauch

Als nach 30-jähriger Diktatur der Familie Duvalier und der Militärs der frühere Armenpriester Jean-Bertrand Aristide 1990 zum Präsidenten gewählt wurde, hofften die Menschen auf eine Verbesserung ihrer Lage. Wirtschaftliche und politische Fortschritte blieben jedoch aus. Die Opposition warf dem im Februar 2004 nach blutigen Unruhen außer Landes getriebenen Aristide vor, mit Korruption und Machtmissbrauch das Land weiter ins Elend gestürzt zu haben. (APA)