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Foto: apa/dpa/Rainer Jensen

Deshalb baute sie Stephanie Theuringer selbst an

Das werde sie immer gefragt, sagt Stephanie Theuringer auf die Frage, wie man denn darauf komme, ein Gemüse anzubauen, das in Österreich nicht nur weit gehend unbekannt ist, sondern außerdem noch so abweisend aussieht. Und außerdem doch etwas komplizierter zuzubereiten ist als zum Beispiel Zucchini. Aber man überlege sich halt immer Alternativen, meint die 26-Jährige, und außerdem schätze sie dieses Gemüse einfach sehr und bedauerte daher stets, dass man Artischocken in Österreich nie wirklich frisch bekommen würde, "und so oft ich welche gekauft hab', war ich eigentlich nie begeistert".

Klar, denn Artischocken sind ein Frischgemüse, das kühle Lagerung und rasche Verarbeitung erfordert, um sein gesamtes Aromenspektrum ausspielen zu können. Und mit solchen Frischgemüsen hat man in der Familie Theuringer doch schon seine Erfahrungen, Stephanies Vater Johannes Theuringer hat gemeinsam mit Leopold Haindl die Marke "SoloFino" gegründet und damit dem Marchfelder Spargel sozusagen einen Namen gegeben.

Neben Spargel – Artischocken

Vier Jahre sammle sie jetzt schon Erfahrungen mit den Artischocken, erklärt Stephanie Theuringer, begonnen hätte es in ihrem Garten, wo sie so ziemlich alles ausprobiert, voriges Jahr dann erstmals ein kleineres Feld, heuer immerhin einen ganzen Hektar, Österreichs erstes Artischockenfeld in kommerziellem Ausmaß. 4700 Pflanzen stehen da drauf, pro Pflanze könne man mit fünf bis acht Artischocken rechnen (einer großen, die nachkommenden sind kleiner), sagt Vater Johannes Theuringer. Aber der Markt ist jung, "die Artischocke ist bei uns ein relativ unbekanntes Gemüse, daher haben die Leute auch kein Gefühl für die Saison". Nicht so wie beim Spargel, nach dem die Leute mittlerweile ja schon die Urlaubsplanung ausrichten. Dazu kommt, dass die österreichische Artischockensaison ohnehin anders verläuft als jene in Italien und Frankreich: Dort wird zwei Mal pro Jahr geerntet. Da besonders die junge Pflanze aber keinen Frost aushält, geht sich hier eben nur ein Durchgang aus, was sich aber eh wunderbar trifft, so Johannes Theuringer, da man also im Mai anfangen kann, und da laufe die Artischockenpflanzung mit der Arbeit auf den Spargelfeldern einfach so mit. Im weiteren Wachstumsverlauf sei sie dann vergleichsweise anspruchslos, heuer sei man sogar ohne Spritzmittel ausgekommen. Mit 5500 Euro beziffert Theuringer die Kosten für einen Hektar Artischocken, noch ohne Arbeit, wohlgemerkt, "ich glaube aber schon, dass man den Artischockenanbau in Österreich auf wirtschaftliche Füße stellen kann, aber das dauert sicher noch Jahre."

Zahlreiche gesundheitliche Aspekte

Mal sehen, vielleicht helfen die zahlreichen gesundheitlichen Aspekte dabei: In den grünen Blättern und im Boden – angenehmerweise jenen Teilen der ungeöffneten Distelblüte, die man auch essen kann – sind Bitterstoffe, Caffeoylchinasäuren und Flavonoide enthalten, was Gallenfluss und damit Verdauung positiv beeinflusst; Cynarin findet man in der "Cynara scolymus L." ebenfalls, wie der Name schon vermuten lässt, und dieser Stoff wiederum ist Labsal für die Leber; und nicht zuletzt hat die Artischocke auch noch reichlich Inulin zu bieten, das dem Körper unter Umgehung des Insulinkreislaufs als Energiequelle dienen kann, interessant daher für Diabetiker und Anhänger der "Low Carb"-Religion. Weiters wurde festgestellt, dass Artischocken zur Regulierung und Normalisierung des Blutfettspiegels beitragen, wie das genau passiert, ist allerdings noch ein Rätsel, man weiß nur, dass es irgendwas mit dem Cynarin zu tun haben muss.

... und sagenhaft gut

Aber abgesehen davon, schmecken sie einfach sagenhaft gut. Zumindest dann, wenn man es einmal geschafft hat, an das essbare Herz und die saftigen Blattböden zu kommen, ohne davor am so genannten Heu, an den Stacheln oder insgesamt an den enormen Mengen von Biomüll, die bei der Zubereitung so einer Artischocke anfallen, zu verzweifeln.

Zwei Sorten baut Stephanie Theuringer derzeit an, eine schöne, violette aus der Toskana und die "Grüne von Laon", die auch hübsch ist, aber vor allem geschmacklich mehr her gibt. Mit anderen Sorten habe sie es auch schon probiert, die zwar prächtig aussahen, aber nur zwei Prozent Ertrag brachten. Ein Pionier-Schicksal. (Florian Holzer, DER STANDARD, rondo/24/09/2004)