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Kaiser Karl I., "ehrwürdiger Diener Gottes".

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St. Pöltens Bischof Kurt Krenn sieht sich als Präsident der "Kaiser Karl Gebetsliga für den Völkerfrieden" am Ziel: "Kaiser Karl wird selig gesprochen, weil er seine Entscheidungen immer mit Blick auf Gott getroffen hat und in aller Not an Gott nie irre wurde." Schon seit ihrer Gründung 1925 kämpft die "Gebetsliga", dieses Sammelbecken für Monarchisten und Traditionalisten, verbissen darum, dass dem Diener Gottes, Karl, bald die Ehre der Altäre zuteil werde.

Am 3. Oktober ist es nun soweit. An diesem ersten Sonntag des Monats wird Papst Johannes Paul II. den letzten österreichischen Kaiser, Karl I., auf dem Petersplatz vor rund 10.000 Pilgern selig sprechen. Vielleicht ohne Bischof Krenn, der wegen der Skandale in seiner Diözese und seiner möglichen Abberufung zu Hause bleiben könnte.

Für die Historikerin Maria Habacher sind es vordringlich "zeitgeschichtliche Aspekte" des Lebens des letzten Kaisers, die im Seligsprechungsverfahren aufgearbeitet worden seien. Karl I. habe 1916 – nach dem Tod seines Großonkels Kaiser Franz Joseph – "den Thron bestiegen und seinem Volk mit Gerechtigkeit und Liebe gedient", unterstrich der Präfekt der Heiligsprechungskongregation, Kurienkardinal Jose Saraiva Martins die soziale Facette in Karls Politik, die andererseits vor allem durch seine Rolle beim Giftgaseinsatz in der Isonzoschlacht schwer in Misskredit geriet.

Für den Politologen Anton Pelinka liegt der historische Fall klar: "Natürlich hat er die Kriegspolitik – einschließlich der neuen Vernichtungstechniken – mitgemacht. Er war kein besonderer Finsterling, aber auch keine positive Leitfigur." Kaisersohn Otto Habsburg antwortet auf Kritik, es sei "längst erwiesen, dass der Giftgaseinsatz vom deutschen Infanteriegeneral Otto von Below befehligt wurde."

Der lange Weg

Der lange Weg zur Seligsprechung Karls, der sich bis zuletzt geweigert hatte, abzudanken, begann schon ein Jahr nach seinem Tod. Der christlich-soziale Nationalratspräsident Wilhelm Miklas – später von 1928-1938 Bundespräsident der Ersten Republik – bat den Wiener Kardinalerzbischof Friedrich Gustav Piffl, mit der Einleitung eines Verfahrens zu beginnen. Es dauerte aber bis 1949 ehe das Procedere unter Kardinal Theodor Innitzer gestartet wurde. Es wurden Materialien gesammelt, Zeugen befragt. Der Aufwand war enorm: Allein die Aussagen der Gattin von Kaiser Karl, Zita, sollen sich auf rund 1000 Seiten belaufen. Es meldeten sich 654 Zeugen.

Voraussetzung für die Seligsprechung ist der Märtyrertod oder ein Wunder. Da der 34-jährige Kaiser 1922 an einer Lungenentzündung im Exil auf Madeira starb, kam der Märtyrertod nicht infrage. Es wurde ihm ein Wunder zuteil. Im Jahr 1960 soll er posthum eine Ordensschwester, die ihn anrief, von ihren Krampfadern befreit haben.

Während hochrangige Kirchenvertreter und eine Politikerdelegation unter der Führung von Nationalratspräsident Andreas Khol an der Spitze zur Feier nach Rom reisen wird, spricht der Politologe Pelinka von einer "am Rande des Lächerlichen angesiedelte Seligsprechung. Allein schon das Wunder: die Krampfadern einer brasilianischen Nonne. Wenn es wenigstens die Gesundung krebskranker Kinder in den Elendsquartieren Kalkuttas gewesen wäre." Die Seligsprechung gehe "offenbar auf eine kleine, aber starke Lobby im Vatikan zurück".

Pelinka: "Ich sehe das Ganze als einen eher atypischen Rückfall in eine Welt von gestern, in der Angehörige herrschender Häuser einen privilegierten Zugang zu den Päpsten hatten. Franz Jägerstätter, das wäre ein interessanter österreichischer Heiliger. Kaiser Karls Seligsprechung unterstreicht nur die Schwierigkeiten der Kirche, den Puls der Zeit richtig zu erfassen." (DER STANDARD, Printausgabe, 25./26.9.2004)