Wien - Schwere politische Fehler ortet die SPÖ, wenn die Regierung am Dienstag im Ministerrat die Pensionsharmonisierung beschließe. Das erklärten die Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos und Doris Bures am Dienstag in einer Pressekonferenz. Sie bekräftigten ihre Kritik, dass es sich nur um eine Scheinharmonisierung handle, hohe Pensionsverluste drohten und die geplante Schwerarbeiterregelung immer noch fehle. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Hans Sallmutter sieht in dem Ministerratsbeschluss einen Rückfall in die Speed-Kills-Politik und forderte in einer Aussendung ein "Zurück an den Start".

Frauen betroffen

Bures bekräftigte, dass die Frauen von den zu erwartenden Pensionskürzungen betroffen seien. Es würden die für Frauen typischen Erwerbsverläufe nicht berücksichtigt und die höheren Bewertungen der Kindererziehungszeiten würden erst für Kinder gelten, die noch nicht geboren sind. Außerdem beanstandete Bures, dass Frauen nicht die Möglichkeit bekommen, früher in Pension gehen zu können. Frauen müssten mit rund 20 Prozent Pensionsverlusten rechnen.

Überhaupt werde man sich noch intensiv mit der sozialpolitischen Bilanz der Regierung Schüssel auseinander zu setzen haben, kündigte Bures an. 210.000 Menschen, das sind vier Prozent der Bevölkerung, seien in einem reichen Land wie Österreich von Armut betroffen. Österreich habe mit der höchsten Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik zu kämpfen. Aber anstatt Maßnahmen dagegen zu ergreifen, würde die Regierung die Armut und Arbeitslosigkeit im Land noch vergrößern, kritisierte die SPÖ-Politikerin.

Schwer kritisiert wurde von Darabos eine "politische Unkultur", die die Regierung mit sich gebracht hätte. Es würde bei derartig großen Maßnahmen wie etwa der Pensionsreform der Dialog nicht nur mit der Opposition, sondern auch mit den Sozialpartnern sowie vielen Interessensvertretungen verweigert. Aber "Hochmut kommt vor dem Fall", warnte Darabos. Die Hauptkritikpunkte der SPÖ an der Pensionsharmonisierung: die hohen Pensionsverluste, besonders dann, wenn jemand innerhalb des so genannten Pensionskorridors früher in Pension gehen müsse; die Schwerarbeiterregelung, die bis heute keine Definition von Schwerarbeit enthalte und damit nicht wirksam werden könne, sowie die ungleichen Beitragszahlungen. Sogar der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes würde gegen die unterschiedlich hohen Beitragssätze verfassungsrechtliche Bedenken anmelden, sagte Darabos.

Begutachtungsfrist als "Farce"

Für Sallmutter war die Begutachtung "eine Farce". Es sei ausgeschlossen, dass die Regierung in nur drei Tagen seit Ende der Begutachtungsfrist, die schwerwiegenden inhaltlichen, verfassungsrechtlichen und technischen Einwände in ihrem Entwurf berücksichtigt habe. Für den GPA-Vorsitzenden ist klar, dass das Pensionsmodell der Regierung binnen kürzester Frist repariert werden muss. Die Regierung wäre daher gut beraten, ihren Plan zurückzustellen und einen breiten gesellschaftlichen Konsens zu suchen. "Eine so tief greifende Veränderung des Pensionssystems kann man nicht mit der Brechstange durchsetzen.

Als sozialpolitischen Auftrag bezeichnete Bures die Einführung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses für alle, die weniger als 875 Euro verdienen. 40 Euro monatlich von Oktober bis April würde dem Staat 168 Millionen Euro kosten. Das wäre aus den Mehreinnahmen durch den höheren Energiepreis zu finanzieren. Die SPÖ will morgen im Nationalrat dazu eine parlamentarische Initiative starten. (APA)