Ron Arads Bücherregal "Bookworm", das sich mittlerweile unzählige Kilometer über Zimmerwände schlängelt, darf sich über frisches Futter freuen. Ein passendes Format über die Arbeit seines Erfinders erschien nämlich im Phaidon-Verlag. Im Prinzip handelt es sich bei der Publikation um ein Gespräch, das sich über 240 Seiten zieht, parliert hat mit dem 1951 in Tel Aviv geborenen Gestalter der für seinen fetzigen Interviewstil bekannte englische Kunstkritiker Matthew Collings.

Die Arbeiten Arads, im Buch umfangreich und echt bunt dokumentiert, schauen nach Spaß aus. Betrachtet man die Gegenstände, die der Designer für Cappellini, Moroso, Kartell, Vitra und viele andere entwarf, denkt man, salopp formuliert, an Zeichnen, Malen, Basteln in der Top-Liga. Das Schweißen darf übrigens auch nicht fehlen. Ron Arad, den einstigen Rabauken der Avantgarde, mittlerweile einer der ganz Großen des Gegenwartsdesigns in Schubladen zu stecken und diese mit Etiketten zu versehen, wird schwierig. Zu weit spannt sich seine Formensprache, zu unterschiedlich kommen seine Ideen und Zugänge, von seinen ersten Readymades aus Industrieteilen bis hin zu seinen Architekturprojekten, daher.

Manch einer würde sagen, es hat was von Ross Lovegroves organischen Objekten, nachdem man diese einer Behandlung mit Vorschlaghammer oder Schneidbrenner unterzog. Einem anderen fiele vielleicht der Formensurfer Marc Newson ein - auch kein Kind von gestalterischer Traurigkeit. Ron Arad selbst zu Ron Arad befragt meint: "Die Menschen überlegten von Anfang an, wie man Holz, Metall und andere Materialien biegen kann. Um uns herum existieren aber Geraden und Kurven - jeweils aus gutem Grund. Wir sollten deshalb damit aufhören, zu sehr zwischen organischem und nicht organischem Design zu unterscheiden. Ich unterscheide lieber zwischen ,spannendem' und ,langweiligem' Design. Ich kann mich über etwas freuen, das kantige Ecken und gerade Linien hat - und angeödet sein von schlecht gemachten Kurven."

Angeödet wird der Design-Interessierte vom Buch "Ron Arad talks to Matthew Collings" kaum sein. Es handelt sich keinesfalls um eine Ansammlung freigestellter, steriler und lebloser Schickimicki-Möbel. Das Buch ermöglicht einen Ausflug in die Werkstätten, Studios, Baustellen und Innenhöfe, wo Design von Ron Arad passiert. Es zeigt auf über 350 Seiten Arads Arbeiten als gestalterischen Prozess - Prototypen werden nicht hinter Vorhängen versteckt. Und gäbe es da doch das eine oder andere Stück zu finden, Matthew Collings hätte es bestimmt ausgegraben und dem Designer unter die Nase gehalten. (DERSTANDARD/rondo/Michael Hausenblas/15/10/04)
Fotos: Ron Arad Studio, Richard Davies, Nigel Shafran

Ron Arad talks to Matthew Collings. Verlag Phaidon, Berlin 2004
€ 69,95, in englischer Sprache