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Die Organisationsform des Zivildienstes ist verfassungswidrig.

foto: apa/schlager
Wien - Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Ausgliederung der Zivildienstverwaltung an das Rote Kreuz aufgehoben. Eine Ausgliederung "ohne Ausnahme" sei verfassungswidrig.

Entscheidungen, die Grundrechtseingriffe bewirken, wie etwa Zuweisung oder Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes, seien Kernaufgaben des Staates - und solche dürften nicht ausgelagert werden, erklärte der VfGH in seinem am Mittwoch veröffentlichten Erkenntnis. Der VfGH hat dem Gesetzgeber eine lange Reparaturfrist - bis 31. Dezember 2005 - gesetzt.

Aufgehoben

Der VfGH hat konkret die im Par. 54a Zivildienstgesetz enthaltene Ermächtigung des Innenministers - und alle damit in Zusammenhang stehenden Bestimmungen - aufgehoben, ein geeignetes Unternehmen mit der Durchführung von Aufgaben der Zivildienstverwaltung zu beauftragen.

Das Innenministerium hat die Zuweisung von Zivildienern, deren Verrechnung und etwaige Aufschubbefreiungen per 1. April 2002 an das Rote Kreuz bzw. deren Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H übertragen. Diese Verordnung hob der VfGH entsprechend als gesetzeswidrig auf.

Amtswegiges Verfahren nach Beschwerden

Der Verfassungsgerichtshof hat - ausgehend von Zivildiener-Beschwerden wegen zu geringer Verpflegung - Bedenken bekommen, ob die Ausgliederung der Zivildienstverwaltung an das Rote Kreuz verfassungskonform ist und deshalb im März d.J. die amtswegige Prüfung eingeleitet. Diese Bedenken haben sich im Verfahren bestätigt.

So wie die Verpflichtung zur Verpflegung des Zivildienstleistenden stets eine solche des Staates bleibt - wie in einem VfGH-Erkenntnis aus 2002 festgehalten ist -, "bleibt die Verpflichtung zur Ableistung des Zivildienstes eine solche gegenüber dem Staat, selbst wenn der Dienst bei (privaten) Einrichtungen abgeleistet wird", hält der VfGH in seinem neuen Zivildienst-Erkenntnis fest. Während des Zivildienstes seien Zivildiener erheblichen Einschränkungen unterworfen, was etwa die Berufsausübung oder den Aufenthaltsort betrifft. In die Grundrechte der Zivildiener werde hier erheblich eingegriffen.

Zuweisung, Befreiung und Widerruf

Daraus ergebe sich, dass die Vollziehung des Zivildienstgesetzes, soweit sie Grundrechtseingriffe bewirkt, von Verfassungs wegen nicht auf eine nicht staatliche Einrichtung übertragen werden dürfe. Als solche Grundrechtseingriffe nennt der VfGH konkret die Zuweisung der Zivildiener, bei Änderungen oder Aufhebung der Zuweisung, der Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes sowie deren Widerruf.

Innenministerium muss sich wieder selbst drum kümmern

Die Konsequenz des Erkenntnisses ist, dass die genannten Teile der Zivildienstverwaltung künftig wieder von einer staatlichen Behörde - etwas dem Innenministerium - selbst wahrgenommen werden müssen. Mit Ablauf des 31. Dezember 2005 treten die aufgehobenen Gesetzesteile und Verordnungen außer Kraft. "Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft", hält der VfGH fest. Der Gesetzgeber muss also bis 31. Dezember 2005 eine Reparatur vornehmen.

Keine Entscheidung über Verpflegungshöhe

Über die Frage, wie hoch die Verpflegung von Zivildienern zu sein hat, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seinem Mittwoch veröffentlichten Erkenntnis keine Entscheidung getroffen. Die rund 50 Beschwerden von Zivildienern wurden zwar aufgehoben - aber aus dem Grund, dass der Bescheid erster Instanz von der nach der berichtigen Rechtslage verfassungswidrig ausgegliederten Zivildienstverwaltung stammte. Wollen sie weiterhin um eine höhere Verpflegung kämpfen, müssen sie sich letztlich neuerlich an den VfGH wenden.

Für die rund 50 Zivildiener gilt die Anlassfallwirkung. D.h. die Bescheide sind sofort, nicht erst nach Ende der Reparaturfrist, ungültig und somit aufgehoben worden. Jetzt müssen sie einen neuen Antrag an das Innenministerium stellen, das laut Zivildienstgesetz für die Verpflegung zuständig ist. Wird der abgewiesen, können sie den Rechtsweg beschreiten und letztlich wieder eine Beschwerde beim VfGH einlegen.

(APA)