1996 rief er bei den Obauers an, wo seine Eltern und er immer gerne speisten, und fragte, wo man denn gut Wein machen lernen könnte. Alois Gross, sagten die und schon fuhr der damals 21-Jährige los. Ein Jahr blieb er beim Meister des südsteirischen Terroirs, dann machte er die Weinbauschule in Geisenheim. Bald schon arbeitete er als Weinberater, hatte Kunden in der Wachau, "verwurzelt war ich aber irgendwie in der Südsteiermark".
Weshalb er einem Tipp einer befreundeten Weingutsbesitzerin auch rasch nachging und ein Anwesen direkt an der südsteirischen Weinstraße aufsuchte, das ein Traubenproduzent verkaufen wollte. Der Preis war enorm, aber erstens ist die Lage "etwa so gut wie Zieregg und Nussberg", und zweitens hatte Sebastian Lerchls Vater längst eingesehen, dass der Junior nie Steuerberater werden würde, und die Kanzlei daher verkauft. So hatte der 29-jährige Jungwinzer aus München 2002 plötzlich 3,5 Hektar, kaufte noch 2,5, pachtete weitere sechs und kommt mit Traubenzukäufen insgesamt auf 25 Hektar. In zwei Jahren. Seinen top-modernen Weinkeller baute er in zwei Monaten fertig, außerdem ist Sebastian Lerchl noch Hälfte-Partner im Weingut Krainz in Slowenien, und ein Weingut in Bosnien gründete er ebenfalls. "Ich habe Eltern, die mich unterstützen, und Konzepte, die die Banken überzeugt haben".
Auch seine Weine überzeugen, in der Gastronomie ist das funkelnagelneue Weingut "Terra Gomelitz" nicht schlecht gelistet, im "Falstaff"-Führer erreicht man respektable Wertungen. Und das, obwohl Lerchl der momentanen Mode von Lagenweinen wenig abgewinnen kann, "ich bin ein Freund des Cuvetierens, mein Sauvignon blanc besteht nicht aus einem Tank, sondern wird aus zwanzig komponiert". Nicht so beim Weißburgunder aus Lerchls Paradelage mit dem unvorteilhaften Namen "Surm", ein sehr mineralischer Wein von exotischer Aromatik und großem Charakter, oder dem Ausnahme-Muskateller "Cru": extrem hohe Stockdichte, hundertprozentige Bearbeitung mit der Hand, "das soll was Besonderes sein". Was ihn auch nicht vor dem Tabubruch zurückschrecken ließ, den Muskateller im kleinen, gebrauchten Holzfass auszubauen, "da ist noch viel Fantasie drin". Im Vorjahr verhinderte die schnelle Reife vielleicht noch den gewünschten Terroir-Ausdruck, aber das wird schon noch kommen.