Geschlechterpolitik
Bei Frauen wird die Umgebung vorsichtig
In zwölf steirischen Gemeinden amtieren derzeit Bürgermeisterinnen
Graz/Lödersdorf/Spielfeld -
„Wenn man als Frau eine
Spitzenposition einnimmt,
wird die Umgebung vorsichtig.“ Die 43-jährige Bäuerin
Emma Liendl aus der rund 600 Einwohner zählenden
Agrargemeinde Lödersdorf (Bezirk Feldbach) weiß, wovon sie spricht. Sie ist eine der zehn ÖVP-Bürgermeisterinnen der Steiermark. Ihr
stehen 387 männliche Kollegen aus der VP gegenüber. In
der SPÖ, diese besetzt steiermarkweit 137 Bürgermeistersessel, gibt es zwei Frauen an der Ortsspitze.
Mit dieser Bilanz liegt die
Steiermark österreichweit im
Spitzenfeld. In Salzburg oder
Vorarlberg gibt es überhaupt
keine Bürgermeisterinnen.
„Das liegt am tradierten
Rollenverhalten“, begründet
Ute Verbeni, Geschäftsführerin des steirischen SP-Lan-desfrauensekretariats, das
Frauendefizit in der Kommunalpolitik. „Frauen haben
noch immer Skrupel, ob sie
das auch hundertprozentig
packen. Sie können sich zu
wenig nehmen, was ihnen
zusteht.“ Vor allem im ländlichen Raum kursiere noch
immer das Frauen-Selbstbild der „Zuarbeiterin“. Karl
Pommer, seit 30 Jahren ÖVP-Bürgermeister in St. Peter im
Sulmtal, sieht das anders.
„Die Bereitschaft von Frauen,
Spitzenpositionen einzunehmen, ist nicht da.“
Skepsis
„Man muss sich doppelt anstrengen und vor allem in Sachfragen sehr sattelfest sein“, sagt Bürgermeisterin Liendl. Bei ihrem Amtsantritt
im Vorjahr sei die Skepsis, vor allem der älteren Bürgermeisterkollegen groß gewesen. Liendl ist bis dato die einzige Frau im Lödersdorfer
Gemeinderat und dank des Vorwahlergebnisses VP-Spitzenkandidatin für die
Gemeinderatswahl am 19. März. Erst auf den Plätzen acht und elf stünden wieder weibliche Namen. „Das kommt doch nicht von ungefähr.“ Es werde schon darauf geachtet, dass die Frauen nicht zu stark werden,
schließt sie daraus.
Dennoch: Liendl, die mit den Eltern und dem Sohn die Nebenerwerbs-Landwirtschaft „schupft“ („ohne Familie ginge der Job nicht“),
hat inzwischen ihren persönlichen politischen Weg gefunden: „Ich versuche, auf die Menschen zuzugehen. Das klappt auch.“
Heidrun Walther, seit einem Jahr SP-Bürgermeisterin
von Spielfeld (1030 Einwohner, drei Gemeinderätinnen von neun Mandaten) will Frauen dazu anspornen, sich auf Gemeindeebene zu engagieren. „Frauen sind ja die ganze Zeit mit der Befriedigung von elementaren Bedürfnissen beschäftigt“, das prädestiniere sie geradezu
für die Kommunalpolitik: „Wir wissen, was die Jugend beschäftigt, was ältere Menschen brauchen“, meint die 47-jährige Bibliothekarin.
Dem Problem der Doppelbelastung - sie fährt täglich zur Arbeit an die TU-Graz - versucht sie mir guter Organisation entgegenzuwirken.
Walthers Wahlziel: „Ich will einfach wieder an die
erste Stelle
(
Andrea König
)