Äußerlich ungerührt zeigte sich Frattini auch, als er 2001 das sicher geglaubte Rennen um das Innenministerium gegen Claudio Scajola verlor. Als sein innerparteilicher Rivale wenig später zurücktreten musste, verbarg er die Genugtuung gekonnt. Seine Gegner verunglimpfen ihn als glatten Karrieristen, seine Freunde preisen ihn als diplomatisches Talent. Frattinis Bilderbuchkarriere lässt den Schluss zu, dass beide Feststellungen zutreffen.
Mit 22 Jahren schloss der gebürtige Römer das Studium der Rechtswissenschaften ab, mit 26 war er Richter im Verwaltungsgericht. Er war Berater des sozialistischen Vizepremiers Claudio Martelli und des linken Regierungschefs Giuliano Amato. Mit 38 Jahren stieg er zum Minister für den öffentlichen Dienst auf.
Bei seinem Wechsel in die Politik nahm sich Silvio Berlusconi des anpassungsfähigen Juristen an. Rasch fand sich Frattini als Spitzenkandidat im fernen Wahlkreis Bozen wieder. Mit der Wahl ins Parlament begann 1996 seine Karriere an der Seite Berlusconis, dem er stets treu ergeben war. Der Lohn blieb nicht aus: Im November 2002 zog Frattini als jüngster Minister ins italienische Außenamt ein.
Konflikten geht der wendige Jurist gerne aus dem Weg - außer wenn er sich medienwirksam als Verfechter italienischer Interessen präsentieren kann wie im Kampf gegen einen deutschen Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Mit Leidenschaft betreibt Frattini nur den Skisport. Das lautstarke Hickhack der italienischen Innenpolitik überlässt der stets elegant gekleidete Minister mit den höflichen Umgangsformen neidlos den Kollegen von der Lega Nord. Entgleisungen wie bei Rocco Buttiglione sind vom liberalen Forza-Italia-Mann nicht zu erwarten.
Der geschiedene Jurist hat eher die Tendenz, nicht anzuecken. Ins Fettnäpfchen tritt er kaum. Doch geht es um seine Karriere, ist er nicht kleinlich: Um seine Wiederwahl in Südtirol zu sichern, verbündete er sich mit der faschistischen Kleinpartei Unitalia - und verlor dennoch. Auch diese Niederlage steckte er mit Nonchalance weg.