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Peter Pilz hat die Diskussion parteiintern vorangetrieben: "Das ist der Beginn eines öffentlichen Überzeugungsprozesses."

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Die Grünen haben sich mit einem Beschluss im Erweiterten Bundesvorstand von der Neutralität verabschiedet. Anstelle nationaler Armeen soll es künftig ein europäisches Heer unter der Führung eines europäischen Verteidigungsministers geben.

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Wien - "Neutral sein ist keine Antwort auf die Frage, was Europa machen soll", sagt der grüne Abgeordnete Peter Pilz. Er hat in seiner Partei einen weit reichenden Beschluss durchgesetzt, mit dem sich die Grünen de facto von der Neutralität verabschieden und dies auch offen aussprechen. "Es war keine einfache Diskussion", erzählt Pilz, "und natürlich besteht die Befürchtung, dass wir viele Leute vor den Kopf stoßen. Wir werden zwei, drei Jahre brauchen, um möglichst viele von dieser Position zu überzeugen. Das ist der Beginn eines öffentlichen Überzeugungsprozesses."

Das sechsseitige Papier, mit dem die Grünen für eine Aufgabe der Neutralität eintreten, wurde im Erweiterten Bundesvorstand mit nur einer Gegenstimme beschlossen. Lediglich Herbert Brunner aus Wien wollte den Beschluss nicht mittragen. "Die anderen Parteien drücken sich da herum. Diese Diskussion hätte ich in der SPÖ nicht führen können", sagt Pilz.

"Vergemeinschaftung"

Aus Sicht der Grünen soll die europäische Verteidigungspolitik vergemeinschaftet werden. Pilz: "Vergemeinschaftung heißt, es gibt keinen nationalen Sonderstatus mehr. Es gibt weder Neutralität noch eine Bündnismitgliedschaft."

Die Grünen treten für ein gemeinsames europäisches Heer ein, das in Summe deutlich weniger sein müsse als die Summe der 25. Dieses Militär müsste unter der Führung eines europäischen Verteidigungsministers stehen. Voraussetzung dafür sei aber zuerst ein handlungsfähiges Außenministerium.

Europäische Lösung

"Europa stehe vor zwei Alternativen, sagt Pilz. "Die EU wird sich zwischen einem gemeinsamen europäischen Sicherheitssystem oder dem Ausbau der amerikanischen Vorherrschaft entscheiden müssen. Die europäische Spaltung wird kein Dauerzustand sein. Unser Vorschlag ist eine Perspektive der Vergemeinschaftung und der europäischen Lösung. Unter dem Strich bedeutet das ein Ende der amerikanischen Sicherheitspolitik in Europa."

Die Sicherheitspolitik habe Österreich bereits verlassen, behauptet Pilz. "Wir haben mit den neuen Verfassungsartikeln bereits Konturen einer europäischen Sicherheitspolitik, aber ohne demokratische Kontrolle. Die parlamentarische Kontrolle gibt es nur über eine Vergemeinschaftung der Sicherheitspolitik."

Volksabstimmung in zehn Jahren

Aus Sicht der Grünen sollte es in etwa zehn Jahren eine Volksabstimmung geben. Pilz: "Ich hoffe, dass wir dann Ja sagen." Mit dieser Position seien die Grünen die einzige Partei, die in der Sicherheitspolitik ein schlüssiges Regierungsprogramm hätte. (DER STANDARD, Printausgabe 8.11.2004)