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Puppen in Kinderwägen: Demonstrationsgut österreichischer Abtreibungs-
gegnerInnen.
Foto: APA/JÄGER Robert
Gibt es ein Menschenrecht auf Abtreibung? In Polen entscheiden fast immer die ÄrztInnen, ob eine vergewaltigte Frau das Kind des Vergewaltigers zur Welt bringen muss. Oder ob die Mutter eines mehrfach behinderten Kindes ein zweites ebenfalls behindertes aufziehen soll. In Genf forderte nun das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen Polen auf, die Rechte der Frauen zu stärken und deren Gewissensentscheidung zu respektieren.

Das strenge Abtreibungsrecht in Polen führe dazu, dass Polinnen oft in illegalen gynäkologischen Praxen Leib und Leben riskieren müssten, um die Schwangerschaft zu unterbrechen. Denn selbst in den wenigen Ausnahmefällen, in denen der Gesetzgeber den Frauen ausdrücklich das Recht auf Abtreibung zugesteht, ist dieses nicht gewährleistet. ÄrztInnen würden sich auf ihr "Gewissen" berufen, um legale Abtreibungen verweigern zu können. Verhütungsmittel seien außerordentlich teuer. Zudem fehle sinnvoller Aufklärungs- und Sexualunterricht in den Schulen.

Gewalt in der Familie

Die polnischen Plakate mit den zerschrammten Kinder-und Frauengesichtern und dem lakonischen Satz "Die Suppe war zu salzig" hat wohl auch das UN-Komitee gesehen. Dennoch ist es weiterhin beunruhigt über die Gewalt in den polnischen Familien. Der Staat tue zu wenig zum Schutz der Opfer, sorge nicht dafür, dass die Täter von den Opfern getrennt würden. In Frauenhäusern gebe es zu wenig Plätze für geschlagene Frauen und deren Kinder. Kritisiert wird ferner anhaltende Diskriminierung sexueller Minderheiten und der Roma.

Für größte Aufregung sorgte in polnischen Kirchenkreisen, dass die Frauen mehr Rechte bekommen sollen. Bischof Tadeusz Pieronek, Rektor der Päpstlichen Akademie in Krakau, bezweifelte in der Zeitung Gazeta Wyborcza die Kompetenz des UN-Menschenrechtskomitees: "Woher nehmen sie das Recht, über das moralisch Gute und Schlechte urteilen zu können. Sie sollen den Menschen erlauben, sich von ihrem Gewissen leiten zu lassen. Das ist doch das Grundrecht des Menschen überhaupt." Dass dieser Mensch in der Praxis derzeit zumeist ein Mann ist, sagte Pieronek nicht mehr. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 9.11.2004)