Wien - Gesellige Auslandstouren älterer Herren sind nicht immer nur ein Mittel gegen den Pensionsschock, wie die Wiener Kriminalpolizei herausfand. Denn vier "führende Mitglieder" der bundeshauptstädtischen Rotlichtszene - die Verdächtigen sind zwischen 55 und 70 Jahren alt - sollen kiloweise Kokain nach Österreich geschmuggelt haben.

Seit vergangenem Mai ermittelten die Beamten der Kriminaldirektion 1 gegen die "Opa-Bande". Damals war ein 58-Jähriger festgenommen worden. In der Wohnung des Sozialhilfeempfängers, einem Penthouse in Wiens Innenstadt, fanden sich 1,8 Kilogramm der Droge.

"Monatliche "Ausflüge" im Mietwagen

Bald darauf gerieten drei weitere "im Prater-Milieu eingesessene Herren", so ein Ermittler, in den Brennpunkt der Untersuchungen. Bei monatlichen "Ausflügen" nach Belgien im Mietwagen sollen die Männer Drogennachschub für die Rotlicht-Schickeria im Großraum Wien mit nach Hause gebracht haben. 1,2 Kilogramm des Stoffes wurden bei der Festnahme Mitte September noch sichergestellt. Die Drogen waren nicht einmal aufwändig versteckt, weil sich die einschlägig vorbestraften Schmuggler als "harmlos wirkende ältere Herrschaften" vor peniblen Kontrollen an den Grenzen offenbar sicher fühlen durften.

Kokain

Keiner der Verdächtigen gibt die aktuellen Vorwürfe zu, alle reden sich auf denselben "Schuldigen" aus: Das Kokain hätten sie für einen Bekannten nur in Verwahrung genommen, der aber leider im Februar verstorben sei. Dabei handle es sich um niemand Geringeren als einen in der Rotlichtszene einst unter dem Spitznamen "Tschick" berühmten Unterweltboss, laut Polizei bis zu seinem Tod "graue Eminenz im Milieu von Gürtel und Prater". Die Ermittler nehmen aber vielmehr an, dass die Verdächtigen als die Nachfolger des "Capos" in dessen Geschäfte eingestiegen sind. (APA, moe, DER STANDARD Printausgabe 11.11.2004)