Ob sie nun etwas schüchtern ist oder doch vor allem eine Königin der schlechten Bühnenlaune - das vermag man noch nicht abschließend zu beurteilen. Sicher ist jedenfalls: Diana Krall ist nach wie vor eine der erfolgreichsten jungen Sachwalterinnen des alten Jazz-Standards-Repertoires. Das mag zwar etwas ungerecht sein - wenn man an die noch lebenden und etwas im Schatten stehenden alten Damen des Genres wie Abbey Lincoln denkt.

Aber keinesfalls ist die Kanadierin, die auch ein nettes, unprätentiöses Klavier spielt und zuletzt einige Songs ihres Gatten Elvis Costello eingespielt hat, nur auf der Modesuppe dahergeschwommen. Ihre angeraute, verschlafene Stimme mit dem bescheidenen, aber elegant eingesetzten Umfang versteht es, Balladen die nötige Aura zu verleihen und jenes verträumte, tragische Etwas in die Songs zu legen, das auch nur die Großen des Genres im Angebot haben. Dass sie sich mitunter gerne mit wattigen Streicherarrangements umgeben hat, hat ihrer Kunst etwas zu sehr in die Süßwarenabteilung des Jazz abgleiten lassen.

Ihre Qualitäten konnte dies allerdings nicht zuschütten. Und gottlob ist es auch zu teuer, so ein Streicherorchester mit auf Tournee mitzunehmen. (tos/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17. 11. 2004)