Linz "De facto wirkt es so, als gäbe es eine ÖVP-Alleinregierung. Die FPÖ hat ihr nichts entgegenzusetzen und scheint auf Gedeih und Verderb ausgeliefert." So skizziert Walter Ötsch, Kommunikationsexperte an der Uni Linz und Autor des Buchs "Haider light. Handbuch für Demagogie" die schwarz-blaue Gemengelage.

Die ÖVP habe aber auch einen Lehrmeister gefunden, sagt Ötsch: "Die sprachlichen Standards, die die FPÖ etabliert hat, sind zur Norm geworden. Es kommen vor allem eingeschliffene Phrasen, die abgespult werden. Der Diskurs ist sicher sehr beschädigt."

Durch die Übernahme von klassischen FP-Sprachelementen wie Freund-Feind- Schemata, die laut Ötsch von der ÖVP jetzt vor allem bei der Asylfrage strapaziert werden, sei es der großen Koalitionspartei aber gelungen, die freiheitliche Saat zu kassieren: "Die ÖVP fährt die Ernte ein, die die FPÖ gesät hat."

Denn die Volkspartei und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel verstünden es sehr gut, auf Stimmungslagen in der Bevölkerung – wie latent vorhandene Ausländerfeindlichkeit – zu reagieren und "ihre Kundschaft rhetorisch zu bedienen.

Die ÖVP hat einen sehr klaren Blick dafür, dass viele Leute für diese Art der Demagogie – im demokratischen Rahmen – auch ansprechbar sind."

Der Kult um eine "Führerperson", der in der FPÖ unter Jörg Haider auf die Spitze getrieben worden sei, werde nun von der ÖVP erfolgreich kopiert, sagt Ötsch. Schüssel betreibe eine "sehr gute Imagepolitik. Er stilisiert sich zum Macher und agiert als Elder Statesman eher aus dem Hintergrund, der es immer wieder schafft, in brenzligen Situationen kommunikationstechnisch unterzutauchen." (nim/DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2004)