Josef Mikl, Gespräch mit blauem Kopf, 2000-2003, Öl auf Leinwand

Foto: Kunsthalle Krems
Und präsentiert zum 75-jährigen Geburtstag des Meisters ein ebenso hermetisches wie konsequent gleichförmiges Oeuvre, das Mikl letztlich in den Redoutensaal führen sollte.


Krems – Unter den Herren, die 1956 zur Gruppe St.Stephan zusammenfanden, ist Josef Mikl wohl als erster, womöglich auch größter Bändiger zu nennen. Erstaunlich früh schon hat er herausgefunden, was einen echten Mikl ausmacht, und seitdem nun kultiviert er diese Marke.

Und so ist es auch wenig erstaunlich, dass ihn der Auftrag ereilte, Österreichs wohl größten, und nur aus einem Unglück heraus, nicht mehr dekorierten Salon auszustatten: den Großen Redoutensaal in der Wiener Hofburg. Und Mikl hat diese hehre Aufgabe in den Jahren 1994 bis 1997 mit Bravour gelöst.

Das immerhin 404 Quadratmeter große Deckenbild und die immerhin 22 angehörigen Wandbilder bedürfen keinerlei diplomatischer Erklärungen. Sie sind selbst diplomatisch, durch und durch: modern genug, auch noch vom ungeschultesten Kongressgast nicht in die Ringstraßenzeit fehldatiert zu werden, und zugleich milde genug, trotzdem nicht als störend, als aufwühlend oder gar revolutionär empfunden zu werden. Sie sind ein Musterbeispiel dafür, Tradition und Gegenwart zu versöhnen, dem Alten ein populäres Neues entgegenzusetzen – ganz ohne Reibung.

Nicht umsonst gelangte es ja schon im Folgejahr zum Folgeauftrag: Die CA-Wien bat Mikl, den Einband eines Sparbuchs zu entwerfen, die adäquate Hülle für die gemeinhin bekannt konservativste aller Anlageformen. Aber auf Brückenschläge hat der Mikl ja immer schon gesetzt: In einem ORF-Porträt von Georg Madeja (man sollte es wieder einmal ausstrahlen!) hat Mikl im angeregten Plausch mit dem Schauspieler Guido Wieland gezeigt, dass letztlich alle Künste zusammen im Stande sind, eine liebe Familie darstellen.

Jenes einfühlsame Porträt zählt zu den kulturhistorischen Höhepunkten der Schau in der Kunsthalle Krems, die retrospektiv den ganzen Mikl zeigt, auch wenn viele der Exponate, die alle aus Mikls Besitz stammen, noch gar nie öffentlich ausgestellt waren. Der Rückblick beginnt mit Figuren in Kreide und Pastell auf Papier. Man spürt sofort den Wotruba in ihnen. Auch wenn sie natürlich bunter sind und anstatt des Quaders die Röhre als Baustein dominiert. Um 1960 beginnt dann das Gestische im Mikl voll auszubrechen. Und es äußert sich als Schönschreiben, als versteckt kalligrafischer Akt. Letztendlich gelangt ihm jede Expression zum Stillleben.

Einmal mehr, dann wieder weniger dem Gegenstand verhaftet, findet Mikl zu immer wieder organischen Einheiten verschiedenster Formate, gerinnt ihm jeder revolutionäre Ansatz zu sanften Bildern für den einfühlsam-missionarischen Gebrauch. Da bleibt nichts roh zurück und auch nichts ungeklärt.

Ein Mikl stellt keine Fragen. Ein Mikl gibt Antworten. Eindeutige Antworten. Josef Mikl, das ist Rhythmus, das ist die regelmäßige Wiederkehr gleicher Elemente und Strukturen in farblich kaum unterscheidbaren Perioden. Nicht dass da keine Entwicklung wäre. Bloß ein Wohin lässt sich nicht ablesen. Es sei denn, man glaubt an die Meisterschaft, an ewig währendes Üben, an die Idee vom linearen Fortschritt.

Josef Mikl zählt ohne Zweifel zu den zentralen Künstlerfiguren Nachkriegsösterreichs. Er hat sich darum verdient gemacht, aus der Provinz heraus an Internationales anzuknüpfen, hat mitgeholfen, ein Vokabular jenseits der Sprache des deutschen Schamhaarmeisters Adolf Ziegler oder des Schwulstes Marke Arno Breker populär zu machen. Im Gegensatz zur Moderne selbst hat er bis heute keinen Grund gefunden, das einmal Gefundene, und somit die eigenen Lorbeeren, auch wieder infrage zu stellen. Es kann nur eine Strömung geben, die richtige, die eigene. Für Mikl selbst scheint die mitreißend genug. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.11.2004)