C. war in London bei Agent provocateur, das ist ein Unterwäschegeschäft, das mit schwarz-rosa Sackerln und schwarzrosa Unterwäsche Weltruhm einsackelt. C. plagt sich immer, ihren Design-Studenten beizubringen, dass verruchte Unterwäsche nicht immer nur schwarz und rosa verpackt sein sollte, aber Agent Provocateur straft sie Lügen. Wer seine Unterwäsche stur und klischeetreu in Schwarz und Rosa verpackt, der kann auch stur seine 800-prozentigen Verruchtheits-Zuschlag auf die Unterwäsche draufschlagen, so einfach ist das. Jedenfalls, wir saßen da beim georgischen Abend, und C. grinste gut gelaunt von einem Ohr zum anderen wie weiland Josephine Baker und provozierte mich dauernd, mit ihr auf die Damentoilette zu gehen, damit ich die neue Agenten-Unterwäsche begutachte.
Ich weiß nicht mehr, ob ich es auch getan habe, denn die Georgier hatten niederösterreichischen Rotwein in verantwortungslosen Mengen auf den Tisch gestellt, und der Ausgang des Abends liegt im Dunkelroten. Ich hab bloß seitdem eine unerklärliche Erkältung, als hätte ich selbst Stunden nur mit Unterwäsche bekleidet am Punschstand vor dem Roten Kreuz gestanden, der aber nachweislich noch nicht aufgebaut war. Wo könnte ich bloß gewesen sein? Muss ich mich für etwas genieren? Meine Unterwäsche war nicht von Agent Provocateur.
Großmütter bringen einem ja immer bei, wenn man Weihnachten vom Punschstand wegtorkelt und niedergefahren wird, dass die im Roten Kreuz sich dann scheckig lachen über die Unterwäsche, die man lieblos ausgesucht hat, weil man auf dem Standpunkt stand, dass man am Punschstand niemals einen Mann treffen könnte, der einen beeindruckt. Den trifft man nämlich nur im Café. Neulich, im L. stand doch tatsächlich ein patagonischer Gentleman auf dem Standpunkt, dass das Leben sehr einfach sei, weil die Menschen prinzipiell immer das lieben, was sie nicht haben. Patagonische Standpunkte sind schon beeindruckend. Er trank Whisky. Vielleicht mach ich das auch.