"Die meisten Leute, die mich das erste Mal treffen, denken, ich sei Engländer und schwul", hat Terry Richardson einmal bekannt. Dabei ist der Amerikaner, der in New York wohnt, ein heterosexueller Schwerenöter vor dem Herrn. Er fotografiert Sex, er inszeniert Sex, er liebt Sex, er ist Sex. Wie er unter diesen Vorzeichen zu einem der gefragtesten Hochglanzfotografen aufsteigen konnte, gehört zu den verblüffendsten Volten seiner Branche.
Das ist auch angesichts seines neuesten Fotobands, der ganz schlicht auf den Namen "Terryworld" hört, nicht anders: Die Fotos, die andernorts normalerweise in der Schublade intimer Peinlichkeiten verschwinden würden, die Bilder, die danach geschossen werden, währenddessen oder davor, unter Drogen oder im Suff, die bläst Richardson ins Monströse auf. Ärsche, an Scheiben plattgedrückt, Erektionen mit Teddybär, Sperma, in den Abfluss gespuckt. Dazwischen Tom Ford oder Kate Moss und natürlich die Kampagnen für die italienische Modemarke Sisley. Es ist, als würde Richardson ganz einfach schauen, wie weit er gehen kann. Den Spaß, den er dabei hat, sieht man beinahe jeder seiner Fotografien an - genauso wie die Wahrhaftigkeit, der er sich verpflichtet fühlt.
Ironie und eine gewisse Kenntnis von dem, was ansonsten in der Welt der Fotografie (und natürlich auch all der Subkulturen) so läuft, sollte man beim Betrachten dieser Bilder haben. Richardson, der Porno-Trash-Ästhet, der sich in den Fußstapfen eines Larry Clark und mit Abstrichen in jenen einer Nan Goldin bewegt, ist nicht von seiner durch und durch amerikanischen Biografie zu trennen. Als Sohn des seinerseits berühmten Modefotografen Bob Richardson wuchs Klein-Terry hinein in eine Welt des Glamour und des Rock, der Aufstiege und ganz tiefen Abstürze.