"Wegen dem Robert Wenzel", lautet einigermaßen einhellig die Antwort auf die Frage, warum es den Furmint in Rust denn überhaupt noch gibt. Dieser quasi Lordsiegelbewahrer des Ruster Ausbruchs - früher einmal einer der berühmtesten Süßweine der k. u. k. Monarchie, im Ansehen nicht weit unter dem Tokayer angesiedelt - hatte sich nämlich in den 80er-Jahren darum gekümmert, dass diese uralte Rebsorte nicht völlig von der Bildfläche verschwindet.

Vor der Reblauskatastrophe in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts war der Furmint nämlich die wichtigste Rebsorte in Rust (das seinen Status als Freistadt übrigens 1681 neben Bargeld mit 30.000 Liter Süßwein bezahlte, wobei die Sorte nicht überliefert wurde), danach geriet der "Zapferte" oder auch "Weiße Mosler" mehr oder weniger in Vergessenheit. Immerhin reift er extrem spät, neigt zu exorbitanten Erträgen und ist außer für Süßwein nicht wirklich zu gebrauchen. Dachte man früher zumindest. Günther Triebaumer, der kürzlich den Betrieb seines Vaters Paul Triebaumer übernahm, ist hingegen davon überzeugt, dass "er die allerbeste Weißwein-Traubensorte in Rust ist, der taugt mir total zur Strudelküche, das geht richtig gut z'samm".

Viel mehr als insgesamt fünf Hektar sind trotzdem nicht übergeblieben, etwa ein Dutzend Ruster Winzer keltern ihn heute in so ziemlich allen erdenklichen Qualitätsstufen, sein qualitatives Spektrum sei weitaus breiter angesiedelt als etwa beim Welschriesling, so Triebaumer, mit dem man zwar erfreuliche trockene Kabinett-Weine und fantastische Hochprädikate erzielen könne, dazwischen aber eben nicht besonders viel. Dafür könne man Welschriesling überall recht gut verkaufen, beim Furmint sei das außerhalb von Rust allerdings ein bisschen schwierig, erklärt der Winzer.

Der Furmint müsse den See sehen, dürfe ihn aber nicht spüren, sagt man in Rust über die vergleichsweise hohen Ansprüche der Sorte an seine Lage. Von den vier Großterrassen, die es in Rust immer gegeben hatte (und die beim Bau des "Ostwalls" während des Zweiten Weltkriegs weit gehend zerstört wurden), wäre genau die dritte für den Furmint ideal gewesen. Nicht zu weit oben, nicht zu weit unten, genau richtig, sodass ihn die Edelfäule "Botrytis Cinerea" erst dann erwischt, wenn die riesigen Trauben mit den großen, leicht ovalen, sehr dünnhäutigen Beeren auch reif dafür sind. Weiter unten, so Günther Triebaumer, neige der Furmint zu Massenerträgen und völlig ausdruckslosen Weinen. Ein Problem, das nicht zuletzt auch daher rührt, dass man in Rust nicht über viele Klone verfüge, "wir müssen uns da unbedingt an die Ungarn anhängen, die haben eine viel größere Auswahl an klonalen Selektionen, in Rust gibt's oft nur die reich tragenden".

"Die Moslerweine sind sehr alkoholreich, feurig und stark"

Harald Tremmel etwa kann sich noch recht genau erinnern, wie er früher die Setzlinge "schwarz" und mit klopfendem Herzen aus Ungarn importierte, ein Vergehen, das sich lohnte, wie sich bei seinem Furmint '02 zeigt: cremig, von schmelziger Dichte, komplex mit leichten Rauchnoten, die Verwandtschaft solcher Spitzenweine wie der Pendits "Late Harvest", ein "moderner" Tokajer, ist durchaus erkennbar. Absolute Spezialistin für den Furmint in Rust aber ist Heidi Schröck, die auch Lagen-reine Kleinstmengen vinifiziert. Ihr Furmint '03 mit Barrique-Ausbau und ein wenig Restzucker ist wunderbar dicht, ein packender Wein, mineralisch und von tiefer Finesse, die für den Furmint so typischen Aromen der Quitte und der reifen Birne sehr deutlich ausgeprägt.

"Die Moslerweine sind sehr alkoholreich, feurig und stark", schreiben Hermann und Rudolph Goethe in ihrem legendären Trauben-Atlas von 1874-1876. Sie stellen die einmalige Chance der Stadt Rust dar, eine autochthone Spezialität zu kultivieren - um die man sie in Zukunft noch einigermaßen beneiden wird, könnte man heute anfügen. (DERSTANDARD/rondo/Florian Holzer/03/12/04)