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Nationalbank-Gouverneur Klaus Liebscher hält zur Erreichung des Defizitziels 2008 "erhebliche politische Sparanstrengungen" für nötig.

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Wien – Nationalbank-Gouverneur Klaus Liebscher bedauert das neuerlich kräftig steigende Budgetdefizit in Österreich und kritisiert das relativ unambitionierte Regierungsziel, erst wieder 2008 einen ausgeglichenen Haushalt – vulgo Nulldefizit – erreichen zu wollen. "2008 ist eigentlich weit weg", sagte Liebscher am Freitag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Auch das Argument der Regierung, man werde durch die Erholung der Konjunktur ohne Sparpakete auskommen und aus dem Defizit einfach "herauswachsen", sieht Liebscher mit einem "gewissem Skeptizismus". Das habe schon in der Vergangenheit nicht funktioniert. Ohne "erhebliche politische" Sparanstrengungen werde das Defizitziel 2008 nicht zu erreichen sein.

Auf die "semantische" Debatte, ob die nötigen Anstrengungen etwa in der Verwaltung nicht das Wort "Sparpaket" rechtfertigten, wollte sich Liebscher nicht einlassen. Er hielt aber fest, dass Österreich mittlerweile auch beim Internationalen Währungsfonds (IWF) als "Modellfall" für Reformeifer in Europa gelte.

"Üppige Subventionslandschaft unter die Lupe nehmen"

Liebscher regte an, das "enorme" Einsparungspotenzial in der öffentlichen Verwaltung zu nutzen, oder die üppige Subventionslandschaft in Österreich genauer unter die Lupe zu nehmen. Enttäuscht zeigte sich der Nationalbank-Gouverneur, dass absehbarerweise keine Einsparungen aus dem Österreich-Konvent zu erwarten sind und auch die Wohnbauförderung im jüngsten Finanzausgleich bis 2008 einzementiert worden sei.

Sinken wird aufgrund des jüngsten Dollarverfalls der Nationalbankgewinn und damit die Gewinnabfuhr an den Finanzminister. Liebscher bestätigte Spekulationen, wonach der Gewinn heuer um 20 bis 25 Prozent unter dem Vorjahresniveau von rund 700 Mio. Euro liegen werde.

Was die absehbare Konjunktur- und Inflationsentwicklung betrifft, erwartet Liebscher bis Mitte 2005 eine Teuerungsrate in der Eurozone von über zwei Prozent, dem eigentlichen Preisstabilitätsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt.

EZB in der Zwickmühle

Das Dilemma dabei: Die erneut leicht nachlassende Konjunkturdynamik würde eher eine Zinssenkung rechtfertigen. Die über zwei Prozent liegende Inflation würde hingegen eher für eine Anhebung der Zinsen sprechen. Steigen jedoch die Zinsen in Europa, wären Veranlagungen im Euroraum interessanter, und der Eurokurs könnte gegenüber dem US-Dollar weiter zulegen, was naturgemäß der Exportwirtschaft schadet.

Am Montag präsentiert die Nationalbank ihre neue Herbst-Konjunkturprognose für 2005. Liebscher wollte der Präsentation nicht vorgreifen, verschwieg aber nicht, dass sich die Wachstumsdynamik allgemein verlangsame. (miba, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4./5.12.2004)