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Bild: Reuters/Nenov

Kahle Brücken, eintönige Zugwagons, nichts sagende Hausfassaden: Kulissen des Alltags, die oft nicht wahrgenommen werden. Immer öfter zieren bunte Schriftzüge und auffallende Bilder diese unscheinbaren Objekte: Graffiti.

Doch ob diese dem Anspruch einer Kunstrichtung gerecht werden, darüber herrscht Uneinigkeit. "Es ist einfach ästhetisch", begeistert sich Steffi (15) für Graffitikunst. "Der Einfall kommt von innen heraus", weshalb auch jedes Graffito verschieden sei.

Dieter Schrage, ehemals einer der ersten Hausbesetzer der Arena, jetzt Pensionistensprecher der Grünen, würde Graffiti "im Normalfall und Gott sei Dank" nicht als Kunst bezeichnen: "Selten hat es funktioniert, dass jemand aus dieser Kultur heraus Künstler geworden ist", sagt er zum SCHÜLERSTANDARD. Trotzdem sei es ein wertvoller, wichtiger Ausdruck der Jugend.

"Graffiti sind weit mehr als Kunst. Sie sind ein Kommunikationsmittel, ein Medium, das so eigenständig ist, wie Zeitung, Radio und Fernsehen", beschreibt Norbert Siegl, Geschäftsführer des Instituts für Graffitiforschung, seinen Zugang. Außerdem seien Graffiti so populär wie noch nie, ein Ende dieser Entwicklung sei nicht abzusehen.

ÖVP-Sicherheitssprecher Wolfgang Ulm, der vor drei Wochen eine "schärfere Überwachung des Graffiti-Vandalismus" angekündigt hat, sieht in Graffiti in keiner Weise Kunst: "Es entsteht Angst und ist beunruhigend, wenn man das Gefühl hat, dass es da keine soziale Kontrolle gibt", erläutert er dem SCHÜLERStandard seine Bedenken. Das Problem sei eher der Bruch des Eigentumrechts als die Graffiti selbst.

Die Wiener Grünen empfinden "dieses Niveau der Diskussion zu absurd, als darauf einzugehen: Ich sehe darin einen bloßen Ausdruck von Kunst und nichts Bedrohliches oder Kriminelles", widerspricht Claudia Sommer-Smolik gegenüber dem SCHÜLERSTANDARD. Illegalität entstehe aus Mangel an Raum. Daher sei es wichtig, Flächen zum Sprayen zu Verfügung stellen.

Freiraum für Sprayer

Als ein gelungenes Projekt in diese Richtung präsentiert sich jenes der Wiener Linien bei der U3-Station Kendlerstraße, wo Platz für legale Graffiti geschaffen wurde. Alex (20) sagen Projekte wie dieses sehr zu. Im Bezug auf illegale Graffiti meint er: "Man überlegt sich, was und wo man sprayt - das hat Aussage."

Nicht zu vergessen sind die Schäden, die durch illegales Sprayen entstehen. "Bei der ÖBB umfasst das einen Betrag von 580.000 Euro pro Jahr", bestätigt Karl Schmidt, Graffitischutzbeauftragter der ÖBB. "Egal ob Kunst oder nicht, wir bringen das zur Anzeige. Wir sind nicht unmenschlich, wollen aber unseren Schaden gedeckt wissen", sagt Schmidt. Die Vorschläge der ÖBB, Züge von Sprayern gestalten zu lassen, seien nicht angenommen worden. Steffis Begründung dazu: "Oft ist das Botschaft der Ignoranz ans Gesetz."

(Flora Eder Julia Grillmayr/DER STANDARD-Printausgabe, 7.12.04)