Wien - Die ÖsterreicherInnen sind anhaltend skeptisch gegenüber der Europäischen Union - so hießt es in einem Studienbericht der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik, der am Donnerstag in einer Pressekonferenz präsentiert wurde. Besonders so genannte Modernisierungsverlierer, wie Arbeitslose, ältere Menschen und Arbeitnehmer mit geringer Qualifikation betrachten die Politik aus Brüssel mit Misstrauen. Die Gesellschaft für Europapolitik will im kommenden Jahr mit einer Reihe von Veranstaltungen der EU-Skepsis entgegen arbeiten.

Identifikation im Anfangsstadium

"Die Identifikation mit dem neuen Europa befindet sich in Österreich noch im Anfangsstadium und ist nicht gefestigt", schreibt Studienautor Franz Birk in der Studie. Politiker und die Medien würden das Misstrauen der Menschen gegenüber der EU durch "unsachliche und populäre Argumente" nähren. Sei die Einstellung zur Union insgesamt "relativ negativ", so gebe es eine positivere Einstellung gegenüber der europäischen Währung, dem Euro.

"Das bemerkenswerteste Exempel an dauerhafter Meinungsbeeinflussung ist wohl der Sanktionen-Mythos, der selbst noch bei überzeugten Europäern Glaubensgut ist", befindet der Soziologe Ernst Gehmacher. Man könne auch nicht sagen, dass die meisten EU-Skeptiker der älteren Generation angehören würden. Der Populismus gegen die EU sei nicht auf eine Partei reduziert, aber es sei nicht zu leugnen, dass die meisten EU-Kritiker FPÖ-Wähler seien. Grüne verstehen ihre Partei als Europafraktion - trotz Kritik an der europäischen Umweltpolitik.

Erwartete Nachteile liegen vor Vorteilen

Bei der Frage nach der allgemeinen Zufriedenheit ergibt sich ein Bild von zwei Lagern, das seit Jahren gleich geblieben sei: so äußern sich 32 Prozent aller Befragten "zufrieden/sehr zufrieden" mit der Union, dagegen ebenso 32 Prozent "unzufrieden bzw. sehr unzufrieden". Die persönlichen Nachteile würden für die österreichische Bevölkerung gegenüber den Vorteilen überwiegen.

Der freie Personenverkehr, die gemeinsame Währung und die Friedenschance in Europa wird als positiv bewertet, die Preissteigerungen, die Belastung durch den Transitverkehr, sowie die zunehmende Kriminalität geht auf das Negativkonto. Ein weiteres Ergebnis besagt, dass der "Souveränitätsmythos" in Frage gestellt wird. Dies kommt dann zum Tragen, wenn von österreichischer Seite gegenüber der Europäischen Union, ihren Mitgliedstaaten und unseren Nachbarstaaten Ziele angestrebt werden, bei denen von vornherein zu erkennen ist, dass sie nicht erreicht werden können. Beispiele dafür wären die Themen Benes-Dekrete, Transitregelung, oder grenznahe Kernkraftwerke.

Veranstaltungen gegen "Skepsis"

Die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik wird 2005 eine Vielzahl von Veranstaltungen organisieren, um der Skepsis entgegenzuwirken. Darüber hinaus empfehlen die Studienautoren vor allem politisch Verantwortlichen keinen "innenpolitischen Terraingewinn mit Brüssel als Außenfeind" zu betreiben, Europa als Friedenskonzept zu propagieren und vor Wahlen ein Aufwiegeln von Emotionen zu vermeiden. (APA)