Foto: EMI
Dass es Angela McCluskey mit ihrem musikalischen Fortkommen besonders eilig gehabt hätte, kann man nicht gerade behaupten. Nach einer Schauspielausbildung daheim im schottischen Glasgow arbeitete sie erst einmal ein gutes Jahrzehnt in London als PR-Tante für diverse Film- und Plattenfirmen. Allerdings wurde sie an Wochenenden, wenn sie zu viel getrunken hatte, bald dafür geschätzt, dass sie auf Partys unter dem Klavier liegend in derbem Fantasie- französisch diverse Geschmacklosigkeiten zu Erik Satie-Stücken zu singen begann. Eine Hochzeit mit einem klassischen Pianisten und einen Umzug nach Los Angeles später ist nicht nur die Ehe nach einem Jahrzehnt noch immer intakt.

Die heute 37-Jährige wurde vor einigen Jahren mit ihrer Band The Wild Colonials im Rahmen von Clubauftritten auch von Brad Smith, dem Schlagzeuger der Red Hot Chili Peppers, entdeckt und gefördert. Das führte nicht nur zu einem Millionen Dollar hohen Plattenvertrag, sondern unter anderem wegen einer an den Peter-Sellers-Film Der Partyschreck erinnernden Swimmingpool-Szene bei Smith zu Hause auch zu einem Polizeieinsatz, während dem McCluskey laut eigener Aussage die Zeit ihres Lebens hatte.

Das mit ihrer Band ging schief, der Vertrag wurde gekündigt, und nach ihrem des Gatten wegen beruflich bedingten Umzug nach New York wollte sie eigentlich für eine Weile nichts mehr mit Musik zu tun haben. Dann kam der Anruf des französischen Technopop-Acts Telepopmusik. Der gemeinsame Song Breathe wurde in Europa ein Clubhit und in Amerika für einen Spot von Mitsubishi eingesetzt.

Ende des interessanteren Teiles. Zwar hat Angela McCluskey eine durchaus sensationell interessante Stimme, irgendwo in der kratzig-krächzenden Nähe zu Macy Gray angesiedelt. Ihr jetzt vorliegendes Soloalbum The Things We Do mag aber trotz verlotterter Biografie von deren Protagonistin nicht wirklich zu überzeugen.

Unter der Regie des US-Gitarristen Nathan Larson, Ehemann von Nina Perrson, der Sängerin der schwedischen Cardigans, mag zwar ein Album entstanden sein, das für das Genre des Erwachsenen-pop als up to date gilt. Immerhin finden sich hier zwischen gut abgehangenen TripHop-Balladen im Stile von Massive Attack oder wuchtigen Country-Balladen, zarten Soul-Anklängen und dem Fach Anastacia so gut wie alle Stile, die ältere Menschen gerne im Autoradio während Staus hören würden, wenn diese Welt eine bessere wäre. Und gerade auch die flüsternde, kreischende und neben dem Takt extemporierende Stimme von McCluskey rettet manchen Song oft von der Belanglosigkeit des Mainstream. Wirklich mutig wurde hier allerdings nicht vorgegangen.

Wir hören Allzweckpop mit Niveau, den man angesichts der vorweihnachtlichen Kaufräusche jederzeit an Menschen verschenken kann, die sich nicht wirklich für Musik interessieren. Das allerdings auf höchstem Niveau. Interessant wird das Album erst, wenn man aufgegeben hat. Lied Nummer zehn, Sucker , ist eine wunderbare Ballade mit strengem Text und versetzt arrangierten Gitarren, die McCluskeys Talent nachdrücklich belegen. Das nächste Mal mehr davon! Im Februar kann man Angela McCluskey übrigens im Vorprogramm von R.E.M. live in Wien erleben. (RONDO/DER STANDARD, 10.12.2004)