Berlin - Acht Jahrzehnte nach seiner Entstehung ist ein von Paul Hindemith komponiertes Klavierkonzert in der Berliner Philharmonie uraufgeführt worden. Der vom Publikum mit Begeisterung empfangene Pianist Leon Fleisher spielte am Donnerstagabend das für eine Hand angelegte Stück, um auf die Erkrankung Muskeldystonie aufmerksam zu machen, die seine rechte Hand mehr als 30 Jahre lang lähmte.

Geschichte des Stücks

Hindemith hatte die "Klaviermusik mit Orchester" 1923 für Paul Wittgenstein geschrieben, der im Ersten Weltkrieg einen Arm verloren hatte. Der Pianist mochte das Stück jedoch nicht und hielt es stets unter Verschluss. Es fand sich 2002 in seinem Nachlass.

Fleisher war 1964 auf dem Höhepunkt seiner Karriere an dem tückischen "Musikerkrampf" erkrankt, der bei etwa einem Prozent der Berufsmusiker Finger oder Lippen lähmt. "In den ersten zwei Jahren hatte ich tiefe Depressionen", sagte der 76-Jährige nach seinem Auftritt mit den Philharmonikern unter Leitung von Sir Simon Rattle. 30 Jahre lang habe er in einer "Odyssee" zu immer neuen Ärzten vergeblich nach Heilung gesucht. Erst die Behandlung mit Botulinumtoxin (Botox) erlaubte dem Ausnahmetalent wieder das beidhändige Spiel. "Der Erfolg kam sehr schnell, innerhalb weniger Tage."

Medizinischer Hintergrund

Die Ursachen für Dystonien sind noch unklar. Vermutlich sind sowohl Gene als auch äußere Umstände wie Medikamente für die neurologische Erkrankung verantwortlich. In Deutschland leiden rund 160.000 Menschen an verschiedenen Formen einer Dystonie. (APA/dpa)