Mit Hefe und Zucker versetzte, zum Zwecke der Kohlensäurebildung zum zweiten Mal in einer Flasche vergorene Weine sind eine typische Festtagserscheinung. Ein guter Grund, "Sprudel" unterschiedlichster Provenienz einer Vergleichsverkostung zu unterziehen. Von Luzia Schrampf.

In Österreich verwendet man für Sekt gern Welschriesling und/oder Grüner Veltliner, vorzugsweise aus dem traditionellen Sekt-Country rund um das niederösterreichische Poysdorf. Aber auch Rebsorten wie Riesling oder Gelber Muskateller werden gerne "versektet". Champagner, sozusagen die Urform aller Schaumweine, gibt es ausschließlich in der Champagne im Norden Frankreichs. Er ist seit Jahrhunderten eines der am penibelsten reglementierten Markenprodukte der Welt. Die Grundweine bestehen aus Chardonnay, Pinot Noir und/oder Pinot Meunier. Die Produktionsweise ist als "traditionelle Methode" (zweite Gärung, Lagerung auf der Hefe, alles in derselben Flasche) in die Geschichte eingegangen und gilt als die edelste Form der "Sprudel"-Erzeugung. Cava kommt generell aus Spanien, zu mehr als 95 Prozent aus Katalonien und wird nach der "traditionellen Methode" erzeugt. Die Weine mit der Bezeichnung DO Cava sind in erster Linie aus Macabeo, Xarel.lo, und Parellada, in moderneren Ausführungen spielt Chardonnay eine immer größere Rolle.

Unterschiede zwischen den Schaumweinen genannter Länder bestehen auch in der Dauer, die der Grundwein mit dem die zweite Gärung auslösenden Hefe-Zucker-Gemisch in der Flasche verbringt. Champagner (ohne Jahrgang) hat eine Mindestlagerzeit von 18 Monaten, Cava liegt mindestens neun Monate auf der Hefe und Franciacorta, der italienische Bruder aus der Lombardei, bestehend aus Chardonnay, Pinot Noir, Pinot Blanc und/oder Pinot Gris, ebenfalls 18 Monate. Ob händisches Rütteln mehr Qualität bringt oder ob es auch mechanisch-computergesteuert geht, ist eine Glaubensfrage. Unter Rütteln versteht man das Drehen der horizontal gelagerten Flasche nach Schema bis sie auf dem Kopf steht, die Hefe sich im Flaschenhals sammelt und entfernt wird (Degorgieren).

Ausgesucht wurden Produkte, welche die Bandbreite des österreichischen Angebots widerspiegeln. Alle sind nach "traditioneller Methode" hergestellt. Der Lagen-Prosecco Riva Moretta Frizzante von Perlage Vini (11,5% Alk) aus einem Weingarten mit 70 Jahre alten Rebstöcken nach biodynamischen Grundsätzen produziert, wurde vorab verkostet, aber nicht in die Wertung genommen, da er als Frizzante (Druck bis 2,5 bar) nicht ganz ins Sample passte. Auch wenn Prosecco manchmal sprudelt, bezeichnet er keine Form von Schaumwein, sondern eine Rebsorte aus dem Veneto. Die Tester verkosteten verdeckt.

1. Freixenet "Cordon negro", 11,5% Alk.,
ca. € 6 im Handel (Frühbauer).

Freixenet gehört zu den zehn größten Weinfirmen der Welt. Zweite Gärung und Lagerung bei "Cordon negro", einem weltweit verbreiteten Exportprodukt, bis zu 24 Monate. Wenig, aber feine Perlage, hefig, würzig-pfeffrig, dafür kaum Frucht, sehr eigenwillig; Geschmacksbeurteilung kontrovers: "stimmig, sauber, schlank" und "durchaus ansprechend" bis zu "leider relativ leer am Gaumen". 3,6

2. Schlumberger Dom, 11,5% Alk.,
€ 2,99, z. B. bei Wein & Co.

Gemischte Werte für den Sekt aus in Eichenfässern gereiftem Chardonnay und Pinot Noir, einer Kooperation des Arachon-Teams Szemes, Pichler und Tement mit dem Haus Schlumberger. "Seltsamer Hefeton"; leichtes Stinkerl, das jedoch verfliegt; Röstnoten: Toast mit Butter, feines Mousseux: sehr ordentlich; aber auch "insgesamt zu laut, um harmonisch zu sein"; etwas zu aggressives Geprickel; "Angeber". 3,5

3. Winzersekt privat 2002, Böheim,
€ 10.

Riecht nach Rotwein, Himbeeren und reifen Bananen; im Geschmack sehr straff, von feiner Säure getragen, schönes Mousseux, gewisse Eleganz; andere Tester attestierten "Ouzo"; leichter Aniston; nicht so schlecht, wenn man nicht zu sehr reinspürt. 3,4

4. Malat brut, 12% Alk.,
€ 12 ab Hof.

Von den Trauben - Chardonnay und Pinot Noir - bis zur Produktion: alles aus eigener Hand. Im Geruch und im Geschmack klassisch-solider Sekt, der alles hat, was es braucht; harmonisch schön und ansprechend; freundlich, nix auszusetzen, aber irgendwie sehr brav - "eine ehrliche Haut". 5,7

5. Bründlmayer Brut 2001, 12% Alk.,
6 Flaschen, € 99 ab Hof.
Klassiker aus Pinot Noir, Chardonnay, Grauburgunder und Weißburgunder, 18 Monate Hefekontakt, handgerüttelt, "warm" degorgiert: Der Flaschenhals wird beim Abziehen der Hefe nicht eingefroren. Etwas röstig im Geruch, aber harmonisch und fein, burgundische Anklänge, Biskuit; relativ straff am Gaumen, gute Struktur und Länge: cremig; etwas viel Säure, die "hängen bleibt". Sekt der Marke "Laune-Heber". 6,5

6. Ferrari brut, 12,5% Alk.,
ca. € 17 , im Fachhandel (Frühbauer).
Basic-Franciacorta des Hauses Ferrari aus 95 Prozent Chardonnay, Rest Pinot Noir, 24 Monate auf der Hefe, Angabe des Degorgement-Zeitpunktes am Etikett. Primärfruchtig, hefig, leicht nussig: Mandeln, zart geröstet, nicht zu aufdringlich; schmeckt nach reifen Früchten; Perlage ist etwas grob, burschikoser Abgang; frech. 4,4

7. Gosset Grande Réserve,
ca. € 33, im Fachhandel (Perkal).

Traditionschampagnerhaus aus Aÿ, gegründet 1584. Die klassische Komposition aus allen Champagner-Rebsorten, Grundwein aus drei Jahrgängen. Alterungstöne, keine Frische; schmeckt nach reifer Frucht, erinnert an Studentenfutter. Hefig-fruchtig, am Gaumen sehr fein: feingliedrige Säure, die von anderen Testern als "unfreundlich" bezeichnet wird; Parfum, anstrengend. 3,9

8. Roederer brut, 12,5% Alk.,
ca. € 30 , im Fachhandel (Frühbauer).
Pinot-Noir-dominierter Champagner mit "durchschnittlich drei Jahren Reifung" plus sechs Monate Flaschenreife nach dem Degorgieren. Elegante, selbstbewusste Farbe; zu Beginn metallisch und resch, Pinot-Stinkerl; erinnert an Kupfer, danach röstig, insgesamt sehr fein; am Gaumen harmonisch, eher große Perlage, die von anderen Testern als "fein" empfunden wurde; schmeckt spannend und sehr, sehr fein.
7 (Testsieger)

9. Kripta, Brut Nature Gran Reserva, Augustí Torreló; 11,5% Alk.,
€ 47,81 (Festival).

Kleiner, feiner Cava-Familienbetrieb mit bester Reputation. Dieser Cava, in einer Amphorenflasche abgefüllt, aus Trauben sehr alter Anlagen, 49 Monate Reife, wurde sehr gegensätzlich aufgenommen: Bitterl in der Nase, dazu Honig und Zuckerwatte, nicht die feine Klinge; Tonic Water; irgendwie interessant, aber auch fragwürdig; Honig im Geruch, etwas später Rosinen und Karamellnoten; nicht sehr viel Säure, was aber nicht fehlt; eigentlich sehr interessant, originell und "am Ende faszinierend", aber auch "langweilig". 5,3

10. Steininger Burgundersekt 2002, 13% Alk.,
€ 15 ab Hof.

Familie Steininger füllt, neben Wein, Sekte sortenrein und jedenfalls jahrgangsweise ab. Dieser besteht zu je einem Drittel aus Weißburgunder, Chardonnay und Pinot Noir. Füllig und üppig, dahinter einiges an Frucht, Anklänge von Flieder, sehr komplex im Geruch; im Geschmack stoffig, viel Druck; versteckte Säure, die immer kräftiger wird; keine einfache Sache; Eukalyptus; schwülstig; komplex; weinig, aber seriös; heavy alles in allem - der Axel Rose unter den Sekten; Frucht zum Quadrat. 6,3

11. Steininger Rieslingsekt 2002, 13% Alk.,
€ 15 ab Hof.
Riecht reif und röstig, nach Pfirsich und Ananas, geht in Richtung Exotik, jedoch fast zu kitschig; erinnert an Gelben Muskateller, Restsüße relativ deutlich; am Gaumen recht harmonisch, verspielt, filigraner als Vorgänger; "herrliches Bouquet: Man möchte fast nur schnüffeln und denkt nicht ans Trinken"; andererseits "zu unknackig". 4,2
(DER STANDARD, Printausgabe vom 11./12.12.2004)

Besonderer Dank an folgende Händler und Winzer, die Weine zur Verfügung stellten:

Weinzeit, 6900 Bregenz, (05574) 483 54;

Frühbauer Getränkehandelsg.m.b.H., 2320 Schwechat-Rannersdorf, (01) 707 72 21-0;

Perkal's Weinart, 1030 Wien, www.weinart.net;

Festival, 1180 Wien, www.festival.co.at;

Böheim, Arbesthal, (02162) 88 59;

Malat, 3511 Palt, www.malat.at;

Bründlmayer, 3550 Langenlois, www.bruendlmayer.at;

Steininger, 3550 Langenlois, www.weingut-steininger.at

Bewertung:

0-2 einfaches Produkt,
2,1-5 Produkt mit einigen interessanten Aspekten;
5,1-8 viele interessante Aspekte, die es deutlich aus der Masse hervorheben,
8,1-10 ausgezeichnet bis perfekt

*) Jeder Artikel spiegelt die ganz persönlichen Erfahrungen der AutorInnen wider.